Deutsche Coronaleugner zieht es nach Paraguay

Immer Ärger mit den Deutschen

Ein deutsches Impfgegnerpaar hat ohne Zustimmung der anderen Elternteile zwei Mädchen nach Paraguay gebracht. Der Fall illustriert ein seit dem vergangenem Jahr verschärftes Problem mit deutschen Zuwanderern in dem südamerikanischen Land.

Clara Egler und Lara Blank sind zwei Mädchen aus Deutschland, die eigentlich gerade den Beginn der hiesigen Sommerferien erwarten würden. Doch beide sind seit Ende November 2021 in Paraguay – mutmaßlich entführt von Andreas Rainer Egler, Claras Vater, und dessen Partnerin Anna Maria Egler, Laras Mutter. Weil die Eglers nicht um die Zustimmung des jeweils anderen Elternteils – ihrer Ex-Partner – gebeten haben, ermittelt die Staatsanwaltschaft Essen wegen Kindesentzugs.

Die mutmaßliche Entführung war von Beginn an ein Politikum, denn in einer Art Abschiedsbrief, aus dem der Spiegel zitiert, schrieb das Paar, im »Überwachungsstaat« Deutschland würden »Menschen-Experimente« drohen. In Medienberichten werden sie übereinstimmend als Impfgegner beziehungsweise als dem Milieu der sogenannten Querdenker zugehörig bezeichnet.

Das Sammelsurium aus Rassisten, Verschwörungsgläubigen, Reichsbürgern, Coronaleugnern und Impfgegnern stößt weder bei der deutschstämmigen Bevölkerung Paraguays noch bei der Regierung auf viel Gegenliebe.

Seit Ende Mai ist der Fall auch in Paraguay einem breiten Publikum bekannt. Die anderen Elternteile der beiden Mädchen, Anne Maja Reiniger-Egler und Fi­lip Blank, waren mehrere Wochen in Paraguay und suchten ihre Kinder. Bei einer Pressekonferenz trat Reiniger-Egler auf und bat die paraguayische Bevölkerung um Hilfe. Die paraguayischen Behörden fahnden nach dem Ehepaar, bisher ohne nennenswerte Erfolge.

Wenige Tage später meldeten sich die mutmaßlichen Entführer zu Wort. In einem Video baten sie darum, die Suche einzustellen, und eines der beiden Mädchen sagte, sie sei freiwillig mitgekommen. Die Schweizer Zeitung 20 Minuten zitiert aus dem Video: »Wir sind die Familie Egler, die weltweit mittlerweile gesucht wird, wie Schwerverbrecher, wie Mörder. Aber das sind wir nicht«, sagt Andreas Egler. Seine Partnerin erklärt: »Wir haben unsere Kinder nur schützen wollen.« Der Spiegel berichtete am Dienstag, das Paar könnte sich demnächst stellen.

Die Fälle sind auch deswegen ein Politikum, weil sie daran erinnern, dass Paraguay seit geraumer Zeit ein Problem mit deutschen Zugewanderten hat. Bereits seit etwa 2015 – dem Jahr der sogenannten Flüchtlingskrise – machen sich immer mehr Deutsche, die mit den hiesigen Verhältnissen unzufrieden sind, daran, nach Paraguay auszuwandern. Einen deutlichen Aufschwung erlebte die Auswanderungsneigung im vergangenen Jahr vor dem Hintergrund der Debatten über die Impfpflicht in Deutschland. Im Dezember berichtete die Süddeutsche Zeitung aus dem im Südosten Paraguays liegenden Hohenau von einem verstärkten Zuzug von Deutschen, die sich den Pandemieschutzmaßnahmen entzogen. Hohenau erschien wohl als besonders attraktiv, da der Ort 1900 von deutschstämmigen Auswanderern gegründet worden war und die Bewohner weiterhin die Kultur ihrer Vorfahren pflegen.

Wie viele kamen, ist schwer einzuschätzen. Paraguay hat laxe Einwanderungsgesetze, Deutsche kommen mit einem Touristenvisum problemlos ins Land. Den Behörden zufolge leben insgesamt offiziell 7 731 Deutsche in Paraguay, die deutsche Botschaft spricht von 22 000 bis 30 000. Es gibt in jedem Fall einen deutlichen Anstieg: 1 644 Deutsche haben 2021 Aufenthaltstitel bekommen, die über ein Touristenvisum hinausgehen, fast dreimal so viele wie 2020. In diesem Jahr waren es bis Ende März schon 575.

Das Sammelsurium aus Rassisten, Verschwörungsgläubigen, Reichsbürgern, Coronaleugnern und Impfgegnern stößt dabei weder bei der deutschstämmigen Bevölkerung Paraguays noch bei der Regierung auf viel Gegenliebe. Der Bürgermeister von Hohenau, Enrique Hahn, sagte der Süddeutschen Zeitung im Dezember: »Oft erzählen uns diese Menschen, dass sie auf der Flucht sind vor den strengen Covid-Maßnahmen in Deutschland. Und vor allem wollen sie sich nicht impfen lassen gegen Corona.« Das bereite ihm Sorgen. Covid-19 sind in Paraguay bislang knapp 19 000 Menschen zum Opfer gefallen, bisher ist weniger als die Hälfte der Bevölkerung vollständig geimpft; generell ist die Gesundheitsversorgung schlecht.

Außerdem dürften die meisten deutschen Einwanderer für das Agrarland Paraguay keine attraktiven Arbeitskräfte sein. Wer von Reportern aufgespürt wurde, sprach zwar meist davon, man werde es als Landwirt versuchen – in Ermangelung der nötigen Fachkenntnisse und in Unkenntnis der Härten, die ein solches Leben mit sich bringt. Der Regierung passte die Einwanderung zahlreicher ökonomisch unbrauchbarer Ungeimpfter nicht in den Kram: Am 12. Januar trat ein Gesetz in Kraft, wonach Einreisende ohne permanentes Bleiberecht eine zweifache Impfung gegen Covid-19 vorweisen müssen. Dass es an der über 3 700 Kilometer langen Grenze Paraguays überall durchgesetzt wird, ist unwahrscheinlich. Wer mit dem Flugzeug kommt, hat es jedenfalls schwerer: Als am 21. März 17 Angehörige einer deutschen Familie – alle ungeimpft – am Flughafen in Asunción landeten, wurden sie bereits nach zwölf Stunden abgeschoben.