Langsam nimmt die Strafverfolgung der Cum-Ex-Geschäfte Fahrt auf

Schwer reiche Schwerverbrecher

Die juristische Aufarbeitung der sogenannten Cum-Ex-Geschäfte hat gerade erst begonnen. Es war der wohl größte Steuerbetrug in der Geschichte der Bundesrepublik – und auch Bundeskanzler Olaf Scholz hat in der Sache noch Fragen zu beantworten.

Man stelle sich folgendes Szenario vor: Ein cleverer Mitbürger merkt, dass er bei einer Supermarktkette einen Pfand­rückgabebon mehrfach in unterschiedlichen Filialen einlösen kann. Er tut sich mit einem Gastronomen, der viele Pfandflaschen besitzt, und einem Mitarbeiter bei einem Copyshop zusammen. Bei dem Gastronomen holt er Pfandflaschen ab, bringt sie zum Pfand­rückgabeautomaten in eine Filiale der Supermarktkette und geht mit dem ausgedruckten Bon dann in den Copyshop. Sein Kumpel vervielfältigt den Bon auf speziellem Papier, so dass die Kassierer im Supermarkt die Fälschungen nicht sofort erkennen. Nun klappert er mehrere Filialen der Kette ab und löst die Bons ein. Schließlich teilen die drei das ergaunerte Geld untereinander nach einem vorher festgelegtem Schlüssel.

Etwa so muss man sich die Betrugsmasche Cum-Ex vorstellen. Statt Pfandflaschen wurden Aktienpakete kurz vor und kurz nach dem Stichtag der Dividendenausschüttung hin und her ­geschoben. Dadurch wurde simuliert, dass mehrmals Kapitalertragssteuer bezahlt wurde – und diese eigentlich nicht bezahlten Steuern wurden dann vom Finanzamt zurückgefordert. Beteiligt waren unzählige Banker, Steuerberater und Anwälte. Zwischen 2000 und 2020 entstand durch Cum-Ex und ähnlich funktionierende Betrugsmaschen allein in Deutschland ein Schaden von mindestens 35,9 Milliarden Euro. Der weltweite Schaden wird auf 150 Milliarden Euro geschätzt.

Erst im vergangenen Jahr stellte der Bundesgerichtshof fest, dass es sich bei Cum-Ex-Geschäften um strafbare Steuerhinterziehung handelte.

Die Angeklagten behaupten meistens, sie hätten lediglich eine Gesetzeslücke ausgenutzt in dem Glauben, das alles sei legal gewesen. Die meisten Taten ereigneten sich vor über zehn Jahren, die Strafverfolgung lief äußerst schleppend an. Erst im vergangenen Jahr stellte der Bundesgerichtshof fest, dass es sich bei Cum-Ex-­Geschäften um strafbare Steuerhinterziehung ­handelte.

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