Der rechtsextreme Bundeswehroffizier Franco Albrecht wurde verurteilt

Ein Nazi-Soldat weniger auf freiem Fuß

Franco A. wurde verurteilt, weil er Terroranschläge geplant haben soll. Jahrelang hatte er als Offizier der Bundeswehr offen rechtsextreme Ansichten vertreten und sich ungestört mit anderen Preppern und Rechtsextremen vernetzen können.

Seit 2017 beschäftigt »Franco A.« nun schon die deutschen Medien. Am Freitag vergangener Woche wurde der Oberleutnant der Bundeswehr Franco Albrecht endlich verurteilt: Fünfeinhalb Jahre Freiheitsstrafe wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat, unerlaubten Waffenbesitzes und Betrugs. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Gericht war überzeugt von Albrechts »völkisch-nationalistischer, rassistischer und demokratiefeindlicher Einstellung«. Diese habe sich in privaten Notizen, Audiodateien, aber auch seiner 2013 verfassten Masterarbeit und etlichen Einlassungen während des Pro­zesses gezeigt – und dem Besitz von »Nazi-Devotionalien«.

Der Prozess hatte am 20. Mai 2021 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) begonnen. Dasselbe Gericht hatte 2018 zunächst die Eröffnung des Hauptverfahrens mit der Begründung abgelehnt, Albrecht zeige keine An­zeichen einer »festen Entschlossenheit« zum Begehen der Taten. Erst durch eine Beschwerde der Bundesanwaltschaft beim Bundesgerichtshof war die Anklage zugelassen und das Verfahren er­öffnet worden.

Einem Zeugen zufolge hat Franco Albrecht behauptet, die Ankunft Geflüch­teter in Deutschland sei von »Zio­nis­ten und Amerikanern« gesteuert wor­­­­­­den als Rache für den Zweiten Weltkrieg.

Der 32jährige Bundeswehrsoldat war 2017 in Wien verhaftet worden, als er eine auf einer Flughafentoilette versteckte Pistole abholen wollte. Bei anschließenden Hausdurchsuchungen bei Albrecht und seinem Freund Mathias F. fand die Polizei Sprengstoff, Waffen und Munition. Durch Datenabgleich der Fingerabdrücke kam zudem heraus, dass Albrecht sich eine zweite Identität als der syrische Flüchtling »David Benjamin« zugelegt und erfolgreich Asyl beantragt hatte. Er lebte damals zeitweise sowohl in Flüchtlingsunterkünften in Bayern, als auch in der Kaserne der Deutsch-Französischen ­Brigade in Illkirch-Graffenstaden im Elsass.

Laut Anklage soll er geplant haben, unter seiner Tarnidentität terroristische Anschläge auf Politiker und antifaschistisch engagierte Personen zu verüben, für die dann Geflüchtete verantwortlich gemacht werden sollten. Auf Namenslisten, die bei ihm gefunden wurden, standen unter anderem die damalige Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) und die Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane.

Albrecht hatte den Waffenbesitz ebenso wie die Benutzung seiner Tarniden­tität zugegeben, Anschlagspläne aber stets bestritten. Im Gegenteil habe er als Undercover-Rechercheur angebliche Missstände der deutschen Asylpolitik aufdecken und öffentlich machen wollen. Sein Waffenarsenal habe er allein zur Selbstverteidigung für den Fall eines von ihm befürchteten Zusammenbruchs der öffentlichen Ordnung gehortet. Einen Teil der Munition hatte Albrecht offenbar von der Bundeswehr gestohlen. Wie er an die Waffen und die übrige Munition kam, darüber schweigt er bis heute.

Das Gericht ging nun in seinem Urteil davon aus, dass der Angeklagte fest zur Begehung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat entschlossen gewesen sei – nur Umstände und Termin der Ausführung hätten noch nicht festgestanden. Nicht thematisiert wurden im Urteil rechtsextreme Netzwerke innerhalb und außerhalb der Bundeswehr. Im Falle Albrechts wurden diese größtenteils durch Medien aufgedeckt. So hatte vor allem die Taz über seine Mitgliedschaft in der Telegram-Gruppe »Süd« des »Hannibal-Netzwerks« berichtet. Darin tauschten sich Reservisten, KSK- und andere Bundeswehrsol­daten, Polizisten, Anwälte und Kommunalpolitiker über Vorbereitungen für den »Tag X« aus. In einer anderen Gruppe des »Hannibal-Netzwerks«, der Gruppe »Nordkreuz«, wurde bereits über Feindeslisten, die »Verhaftung« missliebiger Personen und Löschkalk zum Überstreuen von Massengräbern gesprochen.

Der eigentliche Skandal des Falls Franco Albrecht ist, dass angeblich über Jahre nicht auffiel, welche politische Gesinnung dieser zum Offizier, also zur Führung von Menschen, ausgebildete Soldat hatte – und das trotz einer Masterarbeit, die ein Gutachter schon 2014 als »radikalnationalistischen, rassistischen Appell« bezeichnet hatte.

Warum Albrecht trotzdem Karriere machen konnte, wurde in einer Prozesssitzung im Januar dieses Jahres deutlich. Als Zeuge sagte ein Bundeswehroffizier aus Berlin aus, dessen Eltern türkischer Herkunft sind und der eine Zeitlang im selben Bataillon gedient hatte. Ihm sei die rechtsextreme Gesinnung des Angeklagten von Beginn an klar gewesen – dieser habe etwa behauptet, die Ankunft Geflüchteter in Deutschland sei von »Zionisten und Amerikanern« gesteuert worden als Rache für den Zweiten Weltkrieg und mit dem Ziel der »Auslöschung der deutschen Rasse«. Dem Zeugen zufolge seien Albrechts Ansichten hinlänglich bekannt gewesen, der Zeuge selbst habe diese Aussagen gemeldet. Es sei nur nicht darauf regiert worden – wohl weil es einfach zu viele Soldaten gebe, die ähnlich denken, so der Zeuge.

Das Bekanntwerden des Falls Franco A. lenkte vorübergehend die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf diese Zustände. Die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bescheinigte der Bundeswehr »ein Haltungsproblem«. Aber jenseits der Entfernung von Wehrmachts- und anderen NS-Devotionalien aus Kasernen und internen Überprüfungen beim ­Militärischen Abschirmdienst der Bundeswehr gab es nahezu keine größeren strukturellen und personellen Konsequenzen. Im Verfassungsschutz­bericht, der im Mai erschien, war die Rede von 32 Fällen von Rechtsextre­mismus in Sicherheitsbehörden. Als Reaktion darauf seien 500 arbeits- und disziplinarrechtliche Maßnahmen eingeleitet worden. Doch nur in 60 Fällen seien Mitarbeiter entlassen worden oder sollen bald entlassen werden.

Dabei zeigt ein gerade am Landgericht Frankfurt begonnenes Verfahren, wie groß das Problem in der Bundeswehr ist. Der ehemalige Soldat Tim F. sowie ­dessen Bruder und Vater sind angeklagt, aus rechtsextremer Motivation eine »schwere staatsgefährdende Gewalttat« geplant zu haben, um einen Bürgerkrieg zu beginnen und Migranten und Politiker zu ermorden. Bei den Angeklagten fand die Polizei im vergangenen Jahr eine große Auswahl an Waffen, Munition und Sprengstoff.