Das Verfahren gegen die vermeintlichen Betreiber von »Indymedia linksunten« wurde eingestellt

Außer Spesen nichts gewesen

Nach fast fünf Jahren hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungs­verfahren gegen fünf vermeintliche Betreiber der 2017 verbotenen Website »Indymedia linksunten« eingestellt.

­Knapp fünf Jahre nach dem Verbot des Onlineportals »Indymedia linksunten« hat die Staatsanwaltschaft Karlsruhe das Ermittlungsverfahren wegen Bildung einer kriminellen ­Vereinigung gegen fünf vermeintliche Betreiber eingestellt. Ein Grund für die fehlenden Ermittlungsergebnisse war wohl, dass keiner der beschlagnahmten Datenträger entschlüsselt werden konnte.

Im August 2017 hatte das Bundesinnenministerium unter der Leitung von Thomas de Maizière (CDU) die Website als »kriminelle Vereinigung« verboten. Einen Verein »Indymedia linksunten« gab es freilich gar nicht, stattdessen hatten die Ordnungsbehörden ihn erfunden, um ihn im Rahmen der sogenannten juristischen Fiktion zu verbieten. De Maizière wollte wenige Wochen nach den militanten Protesten der linksradikalen Szene gegen den G20-Gipfel in Hamburg und kurz vor der Bundestagswahl im September 2017 ein »deutliches Zeichen gegen linksextremistische Hetze im Internet« setzen und verwies in seiner öffent­lichen Erklärung darauf, dass auf der Plattform »nicht nur im Vorfeld des G20-Gipfels in Hamburg für gewaltsame Aktionen und Angriffe auf Infrastruktureinrichtungen mobilisiert« worden sei.

Den fünf Beschuldigten aus Süddeutschland wurde konkret vorgeworfen, dass auf der angeblich von ihnen gehosteten Plattform »öffentlich zur Begehung von Gewaltstraftaten gegen Polizeibeamte und politische Gegner sowie zu Sabotageaktionen gegen staatliche und private Infrastruktureinrichtungen aufgerufen« worden sei.

Die Begründung und das auf das Vereinsrecht gestützte Verbot waren aus Sicht vieler Experten rechtswidrig. Anstatt die Betreiber aufzufordern, mögliche strafwürdige Beiträge auf ihrer Plattform zu löschen, wie es bei anderen sozialen Medienformaten im Internet üblich ist, wurde die Staatsanwaltschaft beauftragt. Die Rechtsanwältin Angela Furmaniak, die drei der Beschuldigten vertrat, sagte 2020 der »Tagesschau«: »Unserer Meinung nach hätten die Aufsichtsbehörden Baden-Württembergs (Landesmedien­anstalten) die Seitenbetreiber dazu auffordern müssen, Beiträge mit strafrechtlich relevanten Inhalten von der Seite zu löschen.« Das sei nicht geschehen.

Der Rechtsanwalt David Werdermann von der Gesellschaft für Freiheitsrechte sagte dem Onlinemagazin Golem: »Dass das Verfahren jetzt eingestellt wurde, zeigt einmal mehr, dass der Paragraph 129, der Verhalten weit im Vorfeld einer konkreten Rechtsgutsverletzung unter Strafe stellt, vor allem dazu genutzt wird, Personen zu überwachen und Strukturen auszuleuchten.«

Schon im Oktober 2020 erklärte der Verwaltungsgerichtshof Mannheim die Razzia im Autonomen Zentrum KTS Freiburg, in dem der regionale Indymedia-Ableger einst gegründet worden war, für illegal. Ein halbes Jahr später erhielt das Zentrum die beschlagnahmten Gegenstände und Finanzmittel zurück. Juristisch geht das Ringen aber weiter. Derzeit läuft noch eine Verfassungsbeschwerde gegen die Abweisung einer Klage gegen das Vereinsverbot durch das Bundesverwaltungsgericht, über die bisher noch nicht entschieden wurde.