Das neue Album der Viagra Boys

Planet der zivilisierten Affen

Die Viagra Boys haben ein neues Album aufgenommen – und rechnen darauf mit Impfgegnern und Verschwörungstheoretikern ab.

Beim Blick auf den gegenwärtigen Zustand der Welt kann man es durchaus niemandem übelnehmen, sich die Menschheitsgeschichte mitsamt Zivilisation einfach wegzuwünschen. Schluss, aus, fertig: Das Feuer wurde nie entdeckt, das Rad nicht erfunden – triebgesteuert, gewalttätig und im Einklang mit der Natur würden die Menschheit dann ein affenähnlicheres Dasein fristen. Es gäbe keine Kriege, wie wir sie kennen, keine handgemachte Klimakrise, keine Feuilletondebatten über Ballermann-Schlager. Kurz: »Return to monke« (ohne y), die zum Meme avancierte »Denkrichtung« des sogenannten Anarcho-­Primitivismus, klingt nicht rundum schlecht.

Das Problem mit derlei Gedanken ist: Es war die Zivilisation, die solches Nachdenken erst möglich gemacht hat. Zudem: Ohne Zivilisation keine Kultur, ohne Kultur keine Subkultur, ohne Subkultur kein Rock, kein Punk, kein Rap, kein Ballermann-Schlager, über den man sich aufregen kann. Und erst recht keine fünf Schweden, die sich Viagra Boys nennen und sie hopsnehmen können, diese sogenannte Zivilisation.

Herausragend bleibt bei allem der Sound, der mit »Post-Punk«, wie es in anderen Rezensionen heißt, schmerzlich unterkomplex beschrieben ist.

»Welfare Jazz« hieß das zweite Studioalbum der Band, das vergangenes Jahr erschien und sie immerhin bekannt genug machte, um hierzulande besprochen und mit der Single »Aint’t Nice« sogar gelegentlich im Radio gespielt zu werden. Ungeachtet überkommener Klischees von Männlichkeit schien der sexy-schäbige Sound der fünf Herren aus dem Norden Anklang gefunden zu haben, das Zweitlingswerk empfing gute Kritiken und schaffte es in Deutschland sogar ins obere Drittel der Albumcharts.

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