Freude und Fremdscham beim Betrachten der lesbischen Datingshow »Princess Charming«

Sommer mit der Traumprinzessin

Der Stand der Bewegung Von

Die queere Kneipe war brechend voll, als im Sommer die zweite Staffel der lesbischen Datingshow »Princess Charming« gestreamt wurde. Der Saal bebte, wenn die princess Raubtierblicke warf. Ich war ganz aufgekratzt: So viele Lesben auf einem Haufen hatte ich lange nicht mehr gesehen.

Natürlich ist es etwas armselig, dass eine auf RTL Plus übertragene Serie dieses Kollektivgefühl auslöste. Unterhaltung, nicht Politik hat Leute mit dem Interessenschwerpunkt »Lesbischsein« zusammengebracht. Dem tat es keinen Abbruch, dass in der Show das L-Wort meist vermieden wurde. Das mindestens ebenso heikle F-Wort hingegen kam vor, wir reden ja vom Fernsehen, nicht von der queerfeministischen Linken, und so hieß es im Off-Kommentar: »Mit Spannung warten die Frauen auf eine neue Botschaft von Princess Hanna.«

Es ging viel um schöne Kleider und schöne Körper, vor den Dates wurden die glücklichen Auserwählten beim Haareglätten und Wimperntuschen gezeigt. Aber auch Traumata und Selbstzweifel kamen nicht zu kurz. Vor griechischer Küstenkulisse wurden Vulven aus Blumen und Perlen angefertigt und durften, darin waren sich die Teilnehmerinnen einig, gern so divers sein wie in Wirklichkeit. »Viva la vulva!« rief eine ganz Mutige. Zur »Ladies Night«, wenn die Prin­cess entschied, wer gehen muss, floss in Strömen ­Baileys, vermutlich Hauptsponsor der Serie.

Ja, die Kulturindustrie hat die homosexuelle Emanzipation gefressen. Dennoch bleibt es politisch, wenn Lesben als Lesben gezeigt werden. Der Widerspruch zur heteropatriarchalen Welt lässt sich nicht vollständig einebnen, auch nicht über die rechtliche Gleichstellung der Frau, Antidiskriminierungsgesetze und die Homoehe. Weil es so sehr zum gesellschaftlichen Frausein gehört, Männer jederzeit in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu ­stellen und selbst patriarchalen Schönheitsstandards zu entsprechen, sind der Weg zum lesbischen Frausein und das Leben als Lesbe doch um ein paar Ecken kantiger. »Princess Charming« zeigt immerhin ein wenig davon, etwa wenn die Teilnehmerinnen diskutieren, ob kurzhaarige Frauen ebenso begehrenswert sein können wie solche mit normal langen Haaren. Und es verkommt nicht komplett zur Phrase, wenn sie nacheinander ihre Wünsche »für alle queeren Menschen« aufsagen und ausnahmslos in verschiedenen Varianten sagen, alle sollten so leben können, wie sie wollen.

Ihren Kampf für die Akzeptanz lesbischer Beziehungen bei Männern hat Hanna Sökeland nach Staffelende als Playboy-Covergirl fortgesetzt. Gerade der Trash macht »Princess Charming« so verdaulich. Man kann sich’s anschauen, weil es einen angeht, und sich gleichzeitig durch Lachen und Fremdscham davon distanzieren. Vielleicht reden wir beim nächsten Kneipenabend über das diskriminierende Abstammungsrecht in lesbischen Ehen oder die Scheu vor dem L- und dem F-Wort in feministischen Räumen.