Die Pathologisierung Asexueller widerspricht den Ideen der Queer Theory

Aus dem Off

In der 1948 erschienenen Studie des US-amerikanischen Sexualwissenschaftlers Alfred C. Kinsey werden sie als »Gruppe X« bezeichnet und »ins Off« geschoben: Menschen, die sich als asexuell identifizieren. An der Pathologisierung asexueller Lebenswelten hat sich auch ein Dreivierteljahrhundert nach dem Erscheinen des Kinsey-Reports wenig geändert. Im Gegenteil: Die Prämissen der »sexuellen Revolution« setzen Asexuelle noch stärker unter Druck. Wer auf dem Sektempfang oder im Freundeskreis ausspricht, asexuell zu sein, stößt auf betretenes Schweigen oder wird diskret auf Therapiemöglichkeiten aufmerksam gemacht. Obwohl sich die Queer Theory aus­drücklich gegen hetero­normative Normierung wendet, werden häufig auch in queeren Zusammenhängen ­aromantische und asexuelle Lebensentwürfe pathologisiert.
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Wer nie mit irgendjemand pennt, gehört nicht ins Establishment

Bezeichnen sich Menschen als ­»asexuell«, verspüren sie keine oder ­wenig sexuelle Anziehung und/oder haben kein oder wenig Verlangen nach sexueller Interaktion. So einfach, so kompliziert. Denn bis heute gibt es Diskussionen darüber, welche Definition präziser sei: Trifft die mit der Anziehung oder die mit dem Verlangen eher zu? Und soll da nur »kein« oder »wenig« oder besser »sehr wenig« stehen? Wie breit ist eigentlich das Spektrum, wer ist Teil davon und wer entscheidet darüber?

Um fruchtlose Diskussionen über die Zugehörigkeit zu vermeiden, bevorzugen die meisten Vereine, Foren und größeren Communitys – ebenfalls seit den frühen nuller Jahren – eine inklusive Lösung. Es wird darauf geachtet, anderen keine Labels aufzudrücken oder ihnen solche abzusprechen, und so gilt: Asexuell ist, wer sich so bezeichnet.

Fakt ist: Es gibt heute eine Community, deren Mitglieder sich als asexuell beschreiben. Sie nutzen den Begriff häufig (also nicht immer oder ausschließlich), um die genannte Abwesenheit von sexueller Anziehung oder sexuellem Verlangen auszudrücken. Die Abkürzung »ace«, abgeleitet aus dem Englischen, dient als Schirmbegriff für das gesamte Spektrum.

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