Im Landkreis Bautzen wird über die Unterbringung von Flüchtlingen gestritten

Häuserkampf in Hoyerswerda

Derzeit kommen vermehrt Flüchtlinge nach Deutschland, zugleich steigt die Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsheime. Nach einem Brandanschlag auf eine Unterkunft wird im Landkreis Bautzen darüber gestritten, wo und wie Flüchtlinge unterkommen sollen.

Die Unterbringung von Menschen, die nach Deutschland geflohen sind, stellt derzeit viele Kommunen vor ­große Probleme. Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ­zufolge stellten von Januar bis Oktober 2022 insgesamt 181 612 Personen einen Asylantrag. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht das einer Zunahme von 20,8 Prozent. Darüber hinaus erfasste das Bundesinnenministerium bis zum 8. November insgesamt 1 024 841 Personen im Ausländerzentralregister (AZR), die im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine eingereist sind.

Zwar müssen die geflohenen Ukrainer keinen Asylantrag stellen, da sie im Rahmen eines Schnellverfahrens Flüchtlingsschutz erhalten, Unterkünfte benötigen sie freilich trotzdem. Einer Umfrage der Deutschen Welle zufolge bestätigten alle 16 deutschen Bundesländer eine angespannte Lage bei der Registrierung, Unterbringung und ­Betreuung von Geflüchteten. »Es gibt kaum noch Platz, aber alle müssen Flüchtlinge aufnehmen. Insofern ist dies der Zeitpunkt für Notunterkünfte«, teilte das Berliner Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) kürzlich mit.

Nach einem Brandanschlag auf das ehemalige Spreehotel in Bautzen, in dem Flüchtlinge hätten unter­kommen sollen, erklärte der zuständige Landrat, dass die Kapazitäten der Kommune erschöpft seien.

Auch in den eher ländlich geprägten Regionen wird die Unterbringung zu einem Problem. In Sachsen-Anhalt bestätigt das Innenministerium, dass es immer schwieriger werde, »Wohnraum zu finden, insbesondere in den Städten Magdeburg und Halle«. In Sachsen falle es den Kommunen ebenfalls »zunehmend schwerer, geeignete Unterbringungskapazitäten bereitzustellen«, sagte ein Sprecher des dortigen Innenministeriums dem Magazin Kommunal. Im Landkreis Bautzen sei es derzeit am schwierigsten. Nach einem Brandanschlag auf das ehemalige Spreehotel in Bautzen, in dem Flüchtlinge hätten unterkommen sollen, sagte der zuständige Landrat Udo Witschas (CDU), dass die Kapa­zitäten der Kommune erst einmal erschöpft seien.

Wenige Wochen später schlug das Landratsamt ein leerstehendes Rechenzentrum des ehemaligen Kombinats Robotron in der Nachbarstadt Hoyerswerda als Standort für eine neue Flüchtlingsunterkunft vor. Dieses Ansinnen stieß dort jedoch auf große Ablehnung. In einem Brief an den Landrat Witschas forderten der Oberbürgermeister von Hoyerswerda, Torsten Ruban-Zeh (SPD), der Bürgermeister Mirko Pink (CDU) sowie die Stadtratsfraktionsvorsitzenden von CDU, »Die Linke«, SPD, Freien Wählern und Aktives Ho­yerswerda eine andere Lösung, da die Unterbringung von Flüchtlingen an dem ehemaligen Standort von Robo­tron »weder für die Betroffenen noch für uns als Stadt« geeignet sei, »um den sozialen Frieden gegenseitig zu ­garantieren«.

Man favorisiere »eine menschenwürdige und zugleich helfende Betreuung und Begleitung« der Flüchtlinge, was aber nur in Form einer »dezentralen Unterbringung neu ankommender Familien gelingen« könne. Allerdings machen die Unterzeichner auch deutlich, dass es ihnen um die Stimmung der ansässigen Bevölkerung geht, auf die offenbar Rücksicht genommen werden soll. Die Flüchtlinge seien auf »Akzeptanz in unserer Bevölkerung« angewiesen. Es sei wichtig, »den Bogen von den Ausschreitungen Anfang der neunziger Jahre in Hoyerswerda bis zu den derzeitigen polarisierten Lebensumständen in nahezu allen Lebensbereichen der Menschen sorgenvoll zu begreifen und zu akzeptieren«. Deshalb sei der vorgesehene Standort für das Flüchtlingsheim »in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem dörflichen Stadtteil zwingend ungeeignet«. Im September 1991 hatten Neonazis in Hoyerswerda ein Pogrom veranstaltet.

Sebastian Schindler, der Kreisgeschäftsführer der Linkspartei in Bautzen, weist im Gespräch mit der Jungle World darauf hin, dass »der Landkreis einer der letzten ist, der nach wie vor auf zentrale Unterbringung in Massenunterkünften, meist am Stadtrand, setzt«. Der Brief habe deshalb für eine dezentrale Unterbringung, verteilt auf Mietwohnungen im ganzen Stadtgebiet, werben sollen. Caren Lay, eine sächsische Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, sagte, es sei »absurd«, neue Massenunterkünfte zu errichten, wenn es gleichzeitig erheblichen Wohnungsleerstand im Landkreis gebe. Anstatt weiterhin Wohnblöcke abzureißen, sollten die Leerstände für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden. »Es ist ein starkes Zeichen«, so Lay weiter, »wenn sich alle demokratischen Fraktionen des Ho­yerswerdaer Stadtrates einig mit dem Oberbürgermeister an den Landrat wenden und ihn zu einer Abkehr der bisherigen Unterbringungspolitik für Geflüchtete auffordern.« Allerdings habe die Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Antje Naumann, den Brief nicht unterstützt, berichtete das Lokalmedium Hoyte24.