Über »And in the Darkness, Hearts Aglow« von Weyes Blood

Schunkeln zur Apokalypse

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Reminiszenzen an das Kalifornien der siebziger Jahre sind derzeit schwer in Mode, man denke nur an den Erfolg von Paul Thomas Andersons Film »Licorice Pizza«. Da erscheint es nur folgerichtig, dass die Ästhetik der Seventies auch im In­die-Kosmos ein Comeback erlebt. Eine, die solch einen Sound perfektioniert hat, ist die Kalifornierin Natalie Mering alias Weyes Blood. Zwar macht Mering schon seit ihrem 15. Lebensjahr Musik, ihren richtigen Durchbruch hatte sie allerdings erst mit ihrem vierten Studioalbum »Titanic Rising«, erschienen 2019 bei Sub Pop.

Das Album war Auftakt einer Trilogie, die ganz im Zeichen der drängenden Fragen unserer Zeit stehen soll. Auf »Titanic Rising« ging es noch um die gesellschaftlichen Auswirkungen von Technologie, die kürzlich erschienene Fortsetzung »And in the Darkness, Hearts Aglow« dreht sich hingegen um individuelle Verflechtungen mit gegenwärtigen Krisen.

Um sie persönlich geht es bei Mering selten. Dafür liefert sie Gegenwartsdiagnosen mit traurig-schönen Melodien. »Grapevine«, der wohl schönste Song des Albums, verarbeitet auf den ersten Blick eine gescheiterte Beziehung, auf den zweiten Blick geht es jedoch um die allgegenwärtige Technologieobses­sion. In »God Turn Me Into a Flower« gelingt Mering eine Hymne auf den Narzissmus in der Leistungsgesellschaft. Der Song ist sphärisch, im Hintergrund hört man Vogelzwitschern. Das klingt ein bisschen esoterisch, ein bisschen nach Begleitmusik für die Meditation. Lange hält der Entspannungszustand aber nicht, die Apokalypse schwingt im Hintergrund mit. »The whole world is crumbling / Oh, baby, let’s dance in the sand«, singt Mehring in »Hearts Aglow«, das erst schunkelnd, dann psychedelisch daherkommt. Im vorletzten Track wird Mering konkret: »The Worst Is Done« klingt mit beschwingten Gitarrenakkorden und Background-Vocals wie ein fröhlicher Folksong. Der Tiefgang offenbart sich abermals beim genaueren Hinhören: »They say the worst is done/But I think the worst has yet to come now«. Selten hat die Apokalypse so schön geklungen.

Weyes Blood: And in the Darkness, Hearts Aglow (Sub Pop)