Wenn man beim Spazierengehen ein Stilles Örtchen braucht

Stilles Örtchen

On y va! Wenn man beim Spazierengehen mal muss.

Nachdem wir uns im vergan­genen Jahr auf den Pacific Crest Trail gewagt haben und einer von uns diesen 4 200 Kilometer langen Weitwanderweg auch zu Ende gelaufen ist, ist nun die Zeit gekommen für neue Wege. Einer von uns geht sie im urbanen Berlin, der andere im eher ländlichen Freiburg. On y va! Gehe raus und mache die Welt zu deinem Spielplatz – so könnte ein Kalenderspruch lauten. Wir aber wollen offenen Auges und Ohres aufbrechen und berichten, was uns so alles begegnet.

Laufen wir also los. Das Problem eines jeden Flaneurs, eines jeden Beobachters, der sich nach draußen begibt, um sich diese Welt begreifbar zu machen, sie sich gar anzueignen, ist aber, dass er irgendwann in die Situation kommt, sich erleichtern zu müssen. In Berlin ist dies seit einigen Jahren einfacher geworden, zumindest wenn man einen Penis besitzt. Dort stehen gut verteilt öffentliche Bedürfnisanstalten, in denen man bedenkenlos das ­laufen lassen kann, was nach draußen will. Besitzt man besagtes Ge­nital nicht, wird es aber schwierig, sofern man den Gebrauch von Urinellas ablehnt. Wer sitzen will oder muss, muss auch zahlen. Selbst beim privaten Geschäft hat das Pa­triarchat was zu melden. Diese In­novation einer öffentlichen Toilette, die als Daseinsvorsorge für eine »lebenswerte Stadt« von der Berliner Senatsverwaltung angepriesen wird, die zumindest einem Teil der Bevölkerung zum Vorteil reicht, hat im badischen Freiburg leider kein Gegenstück. Dort ist die einzige Möglichkeit, sich kostenlos zu ­erleichtern, ein schlecht einsehbares Örtchen zu suchen und dort »die kleine Notdurft«, wie es juristisch heißt, zu verrichten.

Die Kenntnis des korrekten juristischen Terminus beruht übrigens auf der Erfahrung des einen Kolumnisten, der sich bei der Wahl des ­Tatorts wenig Mühe gab, den Parkplatz des örtlichen Polizeireviers wählte und von den dort beschäftigten Staatsdienern entdeckt, ­gestellt und angezeigt wurde. Die Kosten dieses demütigenden Intermezzos ­betrugen übrigens satte 128,50 Euro. Bleibt also nur zu hoffen, dass diese Finanzspritze für ein inklusiveres Modell besagter Berliner Innovation Verwendung findet.