Der ehemalige Präsident Ecuadors, Lenín Moreno, erwägt einen Asylantrag in Paraguay

Bestechung, aber humorvoll

Lenín Moreno war von 2007 bis 2013 der erstaunlich beliebte Vizepräsident Ecuadors – Ende März 2012 hatte er Zustimmungswerte von 91 Prozent – und von 2017 bis 2021 ein bemerkenswert unbeliebter Präsident mit fünf Prozent Zustimmung.
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Seine Eltern benannten Lenín Boltaire Moreno Garcés nach Männern, die sie bewunderten; sein Vater mochte Wladimir Lenin und seine Mutter Voltaire, ein Fehler im Standesamt wandelte seinen zweiten Vornamen in Boltaire um. Nachdem der Verwaltungswissenschaftler bei einem Raubüberfall 1998 angeschossen worden war und seitdem im Rollstuhl saß, gründete Moreno eine Stiftung zur Förderung von Humor als Lebenseinstellung. Er ist Autor mehrerer Bücher über den Humor. Als Vizepräsident erhöhte er das Budget für Behinderte um mehr als das 50fache, ließ Rechte für behinderte Menschen gesetzlich festschreiben. Seit vorigem Jahr lebt Moreno in Paraguay, wo er Kommissar der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) für Behindertenfragen ist.

Nun klagt die ecuadorianische Generalstaatsanwaltschaft ihn und 36 weitere Personen, darunter seine Familie, im Zusammenhang mit einem vom chinesischen Unternehmen Sinohydro gebauten milliardenteuren Wasserkraftwerk an. Ein mutmaßliches Korruptionssystem soll zwischen 2009 und 2018 bestanden haben, Bestechungsgelder bis zu 76 Millionen US-Dollar sollen geflossen sein. Moreno wies jede Anschuldigung zurück und sagte, die Anklage sei eine politische Ablenkung von den Problemen Ecuadors, er werde verfolgt, weil er mit dem »Sozialismus des 21. Jahrhunderts« gebrochen habe. Als Präsident wich er von der antineoliberalen und sozialen Politik seines linken Vorgängers und Unterstützers Rafael Correa ab. Durch seine Kampagne gegen ehemalige Kollegen wurden viele aus der Politik ausgeschlossen, kamen ins Gefängnis oder lebten wie Correa im Exil. Er hob das Botschaftsasyl von Julian Assange 2019 auf, was zu dessen Verhaftung führte. Moreno wurde nun angewiesen, alle 15 Tage vor dem Nationalen Gerichtshof zu erscheinen. »Ich würde gerne nach Ecuador gehen«, sagte er, aber: »Ich brauche zuerst eine ärztliche Diagnose, und muss wissen, dass mein Leben nicht in Gefahr ist und dass dies nichts weiter als eine Laune, eine Eitelkeit der Behörden ist.« Moreno zieht ein Asyl in Paraguay als Option in Betracht.