Die Viertagewoche birgt vor allem die Gefahr der Arbeitszeitverdichtung

Die Freiheit, effizienter zu sein

»New work«-Modelle wie die Viertagewoche forcieren die Selbst­optimierung der Arbeitnehmer und die Arbeitszeitverdichtung in Eigen­regie. Das kommt vor allem den Profitinteressen der Unter­nehmer entgegen, die Arbeitnehmer betreiben eher ihre eigene Überbelastung.

Als die Gewerkschaften in den fünfziger Jahren begannen, für die 40-Stunden-Woche und den freien Samstag zu kämpften, verwiesen sie auf den im Grundgesetz festgeschriebenen Schutz der Familie. Das bekannte Kampagnenmotto lautete: „Samstags gehört Vati mir.” In den Siebzigern und Achtzigern wurde die 35-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich gefordert, auch mit dem Ziel, mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Ob die Produktivität der Arbeiter durch mehr Freizeitausgleich steigen oder sinken würde, war damals in der öffentlichen Diskussion zweitrangig.

Mehr Flexibilität
Arbeitnehmer heutzutage fordern oft nicht weniger Arbeit, sondern mehr Flexibilität – und argumentieren damit, dass diese auch den Arbeitgebern zugutekäme, da die Arbeitsprodukti­vität erwartbar ansteigen würde. Seit eine Studie der Universitäten Boston und Cambridge vor einigen Wochen herausgefunden haben will, dass das ­Arbeitszeitmodell der Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich die Gesundheit von Mitarbeitern fördere, Stress reduziere und zugleich für höhere Produktivität und damit auch für bessere Geschäftsergebnisse sorge, wird dieses Modell in vielen Medien diskutiert und propagiert.

Betrachtet man sowohl die Studie, die ein sechsmonatiges Pilotprojekt bei 61 britischen Firmen analysiert, als auch diejenigen in der Studie Befragten, die eine Viertagewoche fordern, zeigt sich, wie sehr die Idee auf eine spezifische soziale Gruppe zugeschnitten ist: gutverdienende Angestellte aus der Mittelschicht, die in Dienstleistungsberufen arbeiten, wo Flexibilität, Selbständigkeit, Digitalisierung und Kreativität als zentrale Arbeitsanforderungen gelten.

Oft gilt eine Vertrauensarbeitszeit, die zwar Freiheiten verspricht, aber von den Arbeitnehmern in Eigenregie vorgenommene Arbeits­verdichtungen begünstigt.

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