Eine Strafrechtsreform in Washington, D.C., steht im Zeichen des US-Wahlkampfs

Nur nicht weich werden

Mit Unterstützung vieler Demokraten hat der US-Kongress die geplante Reform des Strafrechts im District of Columbia abgelehnt – ein Zeichen dafür, dass Präsident Joe Biden im Wahlkampf durch Zugeständnisse an Konservative den Republikanern möglichst wenig Angriffsfläche bieten will.

Der Wahlkampf in den USA hat noch nicht offiziell begonnen. Bis zu den Präsidentschaftswahlen sind über anderthalb Jahre Zeit, doch die politischen Debatten sind bereits klar darauf ausgerichtet – dabei bleibt die Lösung so mancher regionaler Probleme auf der Strecke.

Die jüngste Entscheidung über die geplante Strafrechtsreform im District of Columbia ist so ein Fall. Seit über 16 Jahren wurde an einer umfassenden Aktualisierung des im Bezirk der Hauptstadt Washington geltenden Strafrechts gearbeitet, dessen ursprünglicher Text von 1901 zwar immer wieder ergänzt, aber nie grundlegend verändert wurde. Nicht nur geht es an manchen Stellen noch um Dampfschiffe oder die unbotmäßige Nutzung von Maultieren, manche Paragraphen sind schlicht noch vom Rassismus der US-amerikanischen Gesellschaft um die Jahrhundertwende geprägt. Zahlreiche Bundesstaaten hatten darum in den vergangenen zwei Jahrzehnten ihr Strafrecht reformiert und der Stadtrat des District of Columbia schloss sich dieser Bewegung an.

Washington ohne Stimmrecht
Dessen Regierung darf aber über solche Belange in letzter Instanz gar nicht selbst entscheiden. Washington, D.C., war ursprünglich ausschließlich als Sitz der Bundesregierung und nationaler Institutionen gedacht. Das führte zur einzigartigen Situation, dass die Stadt, die mit 700 000 Einwohnern bevölkerungsreicher ist als die Bundesstaaten Wyoming oder Vermont, nur eine Delegierte ohne Stimmrecht in das Repräsentantenhaus entsenden kann, keine Stimme im Senat hat und auch in re­gionalen Belangen den Entscheidungen des Kongresses unterliegt. Als die Überarbeitung des Strafrechts vom Stadtrat, in dem die Demokraten elf von 13 Sitzen innehaben, einstimmig angenommen wurde, musste sie deshalb anschließend durch die beiden Kammern des Parlaments.

An manchen Stellen des Strafrechts geht es noch um Dampfschiffe oder die unbotmäßige Nutzung von Maultieren.

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