Emmanuel Macron drückt die Rentenreform durch, die Proteste eskalieren

Zehntausend Tonnen Müll

Der französische Präsident hat seine umstrittene Anhebung des Rentenalters ohne Parlamentsabstimmung durchgesetzt. Zwei Misstrauensvoten gegen ihn scheiterten. Auf Frankreichs Straßen werden die Demonstrationen schärfer.

Es gibt ein Jubiläum, doch niemandem ist zum Feiern zumute. Zum 100. Mal wurde am Donnerstag voriger Woche das mittlerweile berühmte Verfahren nach Artikel 49 Absatz 3 der Verfassung der Fünften Republik Frankreichs angewendet. Es erlaubt der jeweiligen Regierung, die parlamentarische Debatte zu einem in der Beratung befindlichen Gesetzesvorhaben abzubrechen, die Abstimmung abzusagen und stattdessen die Vertrauensfrage zu stellen.

Stürzt die Regierung daraufhin nicht über ein Misstrauensvotum der Opposition im Parlament, gilt der zuvor umstrittene Gesetzestext als verabschiedet. In vielen bürgerlichen Demokratien würde ein solcher Vorgang als Anomalie betrachtet, doch die 1958 in der jetzigen Form beschlossene französische Verfassung erlaubt diese Praxis.

Am späten Montagnachmittag wurde klar: Die Regierung von Premierministerin Elisabeth Borne stürzt nicht. Allerdings fiel die Abstimmung über das Misstrauensvotum mit 278 zu 287 Stimmen denkbar knapp aus. Nur neun Stimmen trennten die Regierung von ihrem Ende.

Der Imagegewinn des Rassemblement National ist unverdient, denn in der Sache hat die neofaschistische Rechte kaum etwas zur Rentenreform zu sagen.

Dieser Ausgang ist der Tatsache zu verdanken, dass die konservative Oppositionspartei Les Républicains (LR) – die Erbin der früheren Beinahe-Staatspartei der Fünften Republik, die ihren Namen von UNR zu RPR, dann zu UMP und schließlich LR wandelte und zuletzt ziemlich geschrumpft ist – uneins war. Dass die linke Opposition in Gestalt des Parteienbündnisses Nupes, aus anderen Gründen auch die neofaschistische Rechte mit ihren 88 Abgeordneten gegen die Regierung und ihre Pläne zur Rentenreform stimmen würden, war ausgemachte Sache. Nicht so bei den Konservativen.

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