Im Tarifkonflikt des öffentlichen Diensts gilt derzeit die sogenannte Friedenspflicht

Friedliche Ostern

Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes gilt seit Sonntag die Friedenspflicht. Bis zuletzt konnte in den Verhandlungsrunden zwischen den Arbeitgebern und den Gewerkschaften keine Einigung erzielt werden.

Nun gilt sie also – die sogenannte Friedenspflicht, mit der den Gewerkschaften der Arbeitskampf für eine bestimmte Zeit untersagt ist. Auch in der dritten Verhandlungsrunde um den Tarif im öffentlichen Dienst konnten sich Gewerkschaften und Arbeitgeber nicht einigen. Drei Tage lang wurde in Potsdam verhandelt – letztlich ohne Erfolg. Am frühen Morgen des 30. März erklärte Verdi die Verhandlungen schließlich als gescheitert. Die Arbeitgeber haben nun eine Schlichtung eingeleitet.

Damit gilt vorerst die Friedenspflicht, zumindest bis nach Ostern sind damit weitere Warnstreiks ausgeschlossen. Erst Montag voriger Woche hatte Verdi zusammen mit den Eisenbahngewerkschaften den öffentlichen Verkehr teilweise lahmgelegt. Dabei habe es sich »um den ersten großen Verkehrsstreik seit 1992« gehandelt, so der Vorsitzende von Verdi, Frank Werneke, im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. In den vergangenen Wochen haben sich Werneke zufolge insgesamt eine halbe Million Beschäftigte den Warnstreiks im öffentlichen Dienst angeschlossen – und damit »so viele wie seit Jahren nicht«.

Mit der Schlichtung wird versucht, auf dem Verhandlungsweg doch noch ein Ergebnis zu erzielen. Bis Mitte April hat die Schlichtungskommission nach dem Scheitern der Verhandlungen nun Zeit, eine Einigung im Tarifstreit um das Einkommen der rund 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen zu erzielen. Auf Seiten der Arbeitgeber wurde der ehemalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt berufen. Für die Gewerkschaften hat der ehemalige Bremer Staatsrat beim Finanzsenator, Henning Lühr, den Vorsitz. Mit einer jeweils zwölfköpfigen Verhandlungskommission werden diese nun an einer Einigung arbeiten.

Die Gewerkschaften starten mit einem kleinen Vorteil in die Schlichtung. Sollten nämlich zwei unterschiedliche Schlichtungsvorschläge in der Gesamtkommission gleich viele Unterstützer haben, gibt Lührs Stimme den Ausschlag. Die Kommission soll am Ende eine Einigungsempfehlung abgeben, über die dann zwischen Verdi und den Arbeitgebern erneut verhandelt wird.

»Wir bleiben bei unserer Forderung nach einer Einkommenserhöhung von 10,5 Prozent, um die gestiegenen Lebenshaltungskosten stemmen zu können.« Ole Borgard, Verdi

Verdi und der Beamtenbund DBB hatten eine 10,5prozentige Gehaltserhöhung gefordert – mindestens aber 500 Euro mehr pro Monat bei einer zwölfmonatigen Laufzeit. Lange beharrte die Arbeitgeberseite auf einer Erhöhung von fünf Prozent in zwei Stufen bei einer Laufzeit von 27 Monaten. Im Laufe der Verhandlungen kam dann seitens der Arbeitgeber noch das Angebot einer Einmalzahlung in Höhe von 2 500 Euro in zwei Raten hinzu.

»Für alle Beteiligten völlig überraschend« habe Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) »dann zum Abschluss der Verhandlungen in Potsdam vor der Presse auf einmal das Angebot von acht Prozent mehr Gehalt« ausgesprochen, so Ole Borgard im Gespräch mit der Jungle World. Borgard hat im Rahmen der Bundestarifkommission für Verdi an den Verhandlungen in Potsdam teilgenommen. Diese acht Prozent seien davor einmal in kleiner Runde und völlig inoffiziell als Gedankenaustausch aufgetaucht, mit der Präsentation vor laufenden Kameras hatte indes keiner der Beteiligten gerechnet. Und Faeser legte noch nach. Um mindestens 300 Euro pro Monat würden die Bezüge steigen – plus einer steuerfreien Einmalzahlung in Höhe von 3 000 Euro.

Für die Verhandlungsführer der Gewerkschaften war jedoch auch dieses Angebot nicht annehmbar. »Wir bleiben bei unserer Forderung nach einer Einkommenserhöhung von 10,5 Prozent, um die gestiegenen Lebenshaltungskosten stemmen zu können«, so Borgard. Die angebotenen acht Prozent reichten da nicht, zumal sie in zwei Schritten kommen würden – der erste davon erst im Oktober. Insbesondere für die unteren Gehaltsgruppen sei darüber hinaus eine Mindesterhöhung von 500 Euro pro Monat in der aktuellen Lage immens wichtig.

Weiterer Streitpunkt für beide Parteien war die Laufzeit. Während die Arbeitgeberseite auf einer 27monatigen Laufzeit beharrte, ist für die Gewerkschaften bei maximal zwölf Monaten Schluss. »In der aktuellen Lage weiß niemand, wie sich die Preisentwicklung weiter gestaltet. Bei einer zwölfmonatigen Laufzeit können wir viel flexibler auf eventuell weitere Teuerungen reagieren«, sagte Borgard.

Der Süddeutschen Zeitung sagte der Verdi-Vorsitzende Werneke bereits, wenn das Ergebnis der Schlichtung und der darauffolgenden erneuten Verhandlungen nicht ausreiche, müssten die Gewerkschaften über »einen flächendeckenden Streik entscheiden«. Die Tarifkommission, die alle Sparten des öffentlichen Dienstes repräsentiert, habe einstimmig dafür gestimmt, die Verhandlungen für gescheitert zu erklären. Zudem bestärke ihn, wie viele Menschen derzeit bereit seien, auf die Straße zu gehen. So habe er keine Zweifel daran, in einer Urabstimmung die nötige Mehrheit von 75 Prozent der Stimmberechtigten für weitere Streiks zu bekommen.