Die Befürworter der geplanten Justizreform in Israel wittern eine linke Übermacht in Israels Institutionen

Proteste in Israel: Denken in zwei Lagern

Die Proteste gegen die hauptsächlich von Mizrahim gewählte Regierungskoalition verstärken bei diesen den Eindruck, in Israel Bürger zweiter Klasse zu sein, deren Stimme weniger zähle. Ihr Frust speist sich aus historischen Versäumnissen des israelischen Staats.

Die internationale Aufmerksamkeit für die Proteste gegen die Regierung in Israel ist groß. Doch auch Befürwor­ter:innen der Justizreform gehen auf die Straße. Zehntausende Unterstüt­zer:innen der Regierung demonstrierten am Montag in Jerusalem in der Nähe des Obersten Gerichtshofs lautstark für die Verabschiedung der Re­formen. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte am 27. März die Justizreform kurzfristig ausgesetzt.

Auf dem Weg zu ihrer Kundgebung trafen Unterstützer:innen der Regierung auf deren Gegner, die vor der Knesset demonstriert hatten. Eine junge Frau auf dem Weg zur Demonstration der Rechten scherzte mit zwei betagteren Frauen, die von der Demonstration gegen die Regierung kamen, über deren ähnlichen Kleidungsstil. Als die junge Frau zum Abschied sagte, dass sie sich trotz aller Meinungsverschiedenheiten mit den beiden Damen geschwisterlich verbunden fühle, entgegnete das Duo schroff, dass es sich ­diese Beleidigung verbäte.

»Bürger zweiter Klasse!«
Die Kundgebung der Rechten hatte den Charakter eines Sozialprotests, dessen Anliegen über die Unterstützung der Justizreformen hinausging. Der Likud-Abgeordnete Dudi Amsalem ­hatte zuvor in einer Rede vor der Knesset von Protestierenden mit Rolex-­Uhren gesprochen, die ihren Mercedes ums Eck parkten und die Stimmen der Leute missachteten, die ihnen die Häuser putzten und die Gärten pflegten. So stilisierte er die Proteste gegen die Justizreform zu einem Ausdruck eines größeren gesellschaftlichen Konflikts. Auf der Demonstration trugen Regierungsunterstützer Schilder, auf denen »Bürger zweiter Klasse!« stand.

Der Likud-Abgeordnete Dudi Amsalem sprach vor der Knesset von Protestierenden mit Rolex-Uhren, die ihren Mercedes ums Eck parkten und Leute missachteten, die ihnen die Häuser putzten.

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