Zündete Marinus van der Lubbe den Reichstag allein an? Und was war seine Motivation?

Die Geschichte vom Brandstifter

Der Leichnam Marinus van der Lubbes, des niederländischen Rätekommunisten, der 1933 allein den Reichstag angezündet haben soll, wird derzeit am Institut für Rechtsmedizin in Leipzig toxikologisch untersucht.

Wie soll das möglich gewesen sein? Dass ein halbblinder Mann ein acht Meter hohes Gesims erklimmt, dann ohne Werkzeug und ohne sich zu verletzen acht Millimeter dickes Panzerglas einschlägt? Der Mann ist ortsfremd und hat nichts außer Streichhölzern und ein paar Kohleanzündern dabei. Mit dieser spärlichen Ausrüstung hatte er ­in den Tagen zuvor erfolglos versucht, Gebäude in Brand zu stecken, wobei er an zwei Orten nur kleine Feuer auslöste.

So auch zunächst in diesem Fall: Er irrt durch den riesigen Bau – es ist der Reichstag zu Berlin – und schafft es nicht, ein großes Feuer zu entfachen. Schließlich stolpert er in den Plenarsaal und nutzt dort das letzte brennbare Material, das ihm geblieben ist – seine Oberbekleidung, die etwas Feuer gefangen hatte –, um den Saal in Brand zu stecken. Hier hat er Erfolg, binnen kürzester Zeit brennt der Saal lichterloh. Eine Rauchgasexplosion soll das gewesen sein.

Das alles geschieht in nicht mal einer halben Stunde. Zeugen des Geschehens wundern sich, wie viele Leute – Uniformierte von Polizei und SA – sich schon im Gebäude befinden oder hastig die Szenerie verlassen.

Folgenschwerster politischer Anschlag des 20. Jahrhunderts?
So schildert der Berliner Historiker Uwe Soukup in seinem jüngst erschienenen Buch »Die Brandstiftung« den Tathergang des Reichstagsbrands. Der umherwandernde Brandstifter, der nicht gut sieht, ist Marinus van der Lubbe aus dem holländischen Leiden, es ist der 27. Februar 1933, nach 21Uhr. Der Reichstagsbrand, korrekter wäre: der Plenarsaalbrand, gilt so manchen Historikern als der folgenschwerste politische Anschlag des 20.Jahrhunderts, als Auslöser für Hitlers endgültigen, unwiderruflichen Durchmarsch zur Macht: Die verlieh sich Hitler bereits am 28. Februar mit der Verordnung »zum Schutz von Volk und Staat«, der sogenannten Reichs­tagsbrandverordnung.

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