Im Kunst- und Kulturbetrieb wird ­darüber gestritten, was antisemitisch ist und was nicht

Das Schweigen des Betriebs

Das Institut für Neue Soziale Plastik arbeitet an einem Programm gegen Antisemitismus im Kulturbetrieb. Kürzlich diskutierten einige seiner Mitglieder bei einer Konferenz in Berlin.

Das Institut für Neue Soziale Plastik gibt es seit 2015; doch »nach der Documenta ist es um einiges gewachsen«, sagte Mitgründerin Stella Leder der Jungle World. Der Zusammenschluss antisemitismuskritischer und jüdischer Künst­ler:in­nen widme sich dem »Empowerment jüdischer Künst­ler:innen«, heißt es auf der Website des Instituts. In der Kulturszene empfindet sich die Gruppe in der Minderheit: »Es gibt eine laute und sehr sichtbare Szene, die BDS-offen ist, und sehr viele, die gar nichts sagen«, so die Autorin und Dramaturgin Leder, »und ich bin mir nicht sicher, was dieses Schweigen bedeutet.«

Am Wochenende lud die Gruppe zu einem Vernetzungstreffen in Berlin ein. Den Ort des Treffens hielt man geheim. Doch bereits zuvor hatte man einige Institutsmitglieder live hören können, nämlich bei der Konferenz »Von der Kunstfreiheit gedeckt?«. An einem sonnigen Maitag vor zwei Wochen im Garten des Hauses der Wannsee-Konferenz wurden die »aktuellen Herausforderungen im Umgang mit Antisemitismus in Kunst und Kultur« besprochen, wie es in der Ankündigung hieß. Eingeladen hatte die Amadeu-Antonio-Stiftung, das American Jewish Committee Berlin, die Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz und der Zen-tralrat der Juden.

Das erste Panel beschäftigte sich mit dem Begriff des »Privilegs« und seine Verbindung mit dem der »Rasse«. Marina Chernivsky vom Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment erklärte, dass Jüdinnen und Juden »als weiße Gruppe imaginiert und damit mit Macht versehen werden«. So führe der Topos der angeblichen Privilegiertheit der Juden dazu, »dass man sich mit Antisemitismus nicht auseinandersetzen muss«. Bereits in der Begrüßung hatte Annina Fichtner vom Berliner Büro des American Jewish Committee gesagt: »Antirassistische und identitätspolitische Positionen schließen Jüdinnen und Juden als Opfer der Diskriminierung aus, weil sie weiß sind.«

Noch kein Abonnement?

Um diesen Inhalt zu lesen, wird ein Online-Abo benötigt::