In Griechenland hat die konservative Regierungspartei die Wahlen gewonnen

Triumph der Konservativen

Die Nea Dimokratia ist bei den Wahlen in Griechenland klarer Sieger geworden. Ein zweiter Wahlgang gilt dennoch als wahrscheinlich.

Klarer hätte der Sieg kaum ausfallen können. Bei den Parlamentswahlen in Griechenland am Sonntag lag die liberal-konservative Regierungspartei Nea Dimokratia (ND) mit 40,8 Prozent weit vor den Oppositionsparteien, der linken Syriza mit 20,1 Prozent und der sozialdemokratischen Pasok mit 11,5 Prozent. Damit konnte die ND ihr Wahlergebnis von 2019 noch um einen knappen Prozentpunkt steigern, und das trotz politischer Skandale und obwohl sie immer autoritärer agiert. »Wir sind die stärkste Mitte-rechts-Partei Europas«, jubelte der ND-Parteivorsitzende und Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis.

Es wird wohl in Griechenland dennoch vorerst keine neue Regierung, sondern Neuwahlen geben. Trotz seines – entgegen allen Umfragen vorab – sehr starken Abschneidens braucht Mitsotakis zum Weiterregieren einen Koalitionspartner. Bei dieser Wahl galt das einfache Verhältniswahlrecht, denn eine Regelung, wonach die stärkste Partei einen Bonus von 50 Parlamentssitzen erhält, hatte die Syriza-Regierung seines Amtsvorgängers Alexis Tsipras 2016 abgeschafft.

Mit 146 Parlamentssitzen fehlen der ND fünf Stimmen zur absoluten Mehrheit der insgesamt 300 Parlamentssitze. Mitsotakis verweigert sich einer Koalitionsregierung und gab seinen Sondierungsauftrag zur Regierungsbildung postwendend an die Staatspräsidentin Ekaterini Sakellaro­pou­lou zurück. Kommt es binnen zwei Wochen zu keiner Regierungsbildung, müssen Neuwahlen angesetzt werden. Bei der kommenden Wahl gilt wieder ein gestaffeltes System von Bonusmandaten – somit könnte Mitsotakis durch diese zusätzlichen Sitze sehr wahrscheinlich die absolute Mehrheit gewinnen und alleine regieren. Die Neuwahlen werden für den 25. Juni erwartet.

Die kommunistische Partei KKE erhielt 7,2 Prozent der Stimmen, mehr als 1,9 Prozentpunkte Zuwachs gegenüber 2019. Aber auch die prorussische, rechts­nationalistische Partei Griechische Lösung zog, gespickt mit früheren Politikern der als kriminelle Vereinigung verbotenen neonazistischen Goldenen Morgenröte auf den Kandidatenlisten, mit 4,5 Prozent ins Parlament ein. Der BDS-Propagandist und frühere Finanzminister Tsipras’, Yanis Varoufakis, scheiterte mit seiner Partei MeRA25 an der Sperrklausel von drei Prozent. Fast 16 Prozent der abgegebenen Stimmen sind nicht im Parlament repräsentiert. An der Dreiprozenthürde scheiterten knapp die religiös und russophil geprägte Partei Niki, die zum ersten Mal antrat, genauso wie die frühere Parlamentspräsidentin Zoi Konstantopoulou mit ihrer linkspopulistischen Partei Plefsi Eleftherias (Kurs der Freiheit).

Alexis Tsipras, der einstige Hoffnungsträger der Linken, hatte seine Partei für diese Wahl weiter rechts positioniert.

Für Tsipras ist es die dritte Wahlniederlage in Folge und gleichzeitig die höchste. Sein früherer Minister Christoforos Vernardakis sagte bei einer Wahlsendung des Senders Mega TV am Sonntag, Tsipras sei »als Parteichef in der Krise«. Tsipras selbst hatte wenige Wochen vor den Wahlen Konsequenzen für einen Parteivorsitzenden gefordert, der mehr als sechs Prozentpunkte im Vergleich zur vorigen Wahl verliert; gehofft hatte er wohl, dass dies seinen Konkurrenten Mitsotakis betreffen würde. Dessen Umfragewerte waren in der Folge des Zugunglücks bei Tempi im Februar und des seit Monaten andauernden Abhörskandals im März und April noch steil abgefallen. Davon erholte sich Mitsotakis jedoch, was auch mit Tsipras’ Strategie zusammengehangen haben könnte.

Der einstige Hoffnungsträger der Linken hatte seine Partei für diese Wahl weiter rechts positioniert. Tsipras unterstützte die Verlängerung des Zauns an der Landgrenze zur Türkei und die Abschottung des Landes gegen Geflüchtete. Er suchte Streit mit der Pasok und präsentierte sich als der wahre Erbe von deren Parteigründer Andreas Papandreou.

Dazu holte er sich Kandi­daten auch aus dem Pasok-Lager. Darunter war Giorgos Vaiopoulos, dessen Wahlhelfer die Polizei in Karditsa ­wegen des Verdachts des Stimmenkaufs festnahm. Tsipras rekrutierte zudem für seinen Wahlkampf Evangelos Anto­naros, den früheren Regierungssprecher des ND-Ministerpräsidenten Kostas Karamanlis, der Griechenland in eine Staatsschuldenkrise geführt hatte.

Zwei Tage vor der Wahl zwang Tsipras seinen ehemaligen Arbeitsminister Giorgos Katrougalos, sich aus dem Wahlkampf zurückzuziehen, nachdem dieser in einer Talkshow beim Regionalsender Blue Sky nicht ausgeschlossen hatte, dass die Sozialversicherungsbeiträge für Freiberufler steigen könnten. Schließlich rief Tsipras der Nachrichtenseite Liberal.gr zufolge in der vergan­genen Woche die potentiellen Wähler der verbotenen Nazi-Parteien Griechen für das Vaterland und Goldene Morgenröte auf, Syriza zu wählen.

Aus den Reihen der Nazis soll das wiederum der verurteilte frühere Ab­geordnete der Goldenen Morgenröte, Konstantinos Barbarousis, aus dem ­Gefängnis heraus über Facebook seinen Anhängern nahegelegt haben, genauso wie der inhaftierte Parteivorsitzende der Griechen für das Vaterland, Ilias Kasidiaris, um »das Regime Mitsotakis zu stürzen«.