Auch mal nachts um drei
Der Stadtplan von Brüssel liegt ausgebreitet auf dem Kneipentisch. Dieses Exemplar hier stammt aus einem Baedeker-Reiseführer aus den neunziger Jahren und ist schon ein wenig verschlissen. »Manche von den Straßen, die dort eingezeichnet sind, gibt es so gar nicht mehr«, sagt Manuel Schmitz. Wie andere Großstädte verändert sich Brüssel ständig. Davon bleibt auch das Straßennetz nicht unberührt.
Exakt 5.267 Straßen sind auf der Karte verzeichnet. »Die Stadt hat aber ein paar mehr«, so Schmitz. Insgesamt setzt sich die als »Brüssel« wahrgenommene Region Brüssel-Hauptstadt aus 19 Gemeinden zusammen und ist von über 6.000 Straßen durchzogen, wie der 49jährige mit der markanten schwarzen Hornbrille weiß. Seinen Papierplan hat er deshalb durch Internet-Recherchen ergänzt. In den Baedeker-Plänen sind die großen Straßen gelb eingezeichnet, die kleineren weiß. In Schmitz’ Exemplar allerdings sind viele davon rot markiert. Das sind jene, die er schon durchwandert hat.
Als Treffpunkt war eigentlich der Platz vor der Kirche von Saint-Gilles verabredet. Schmitz hat sich dann doch lieber zum Warten in die »Brasserie Verschueren« gesetzt. Die seit 1880 existierende Bar ist einer der beliebtesten Treffpunkte am Parvis de Saint-Gilles, dem zentralen Platz der gleichnamigen Brüsseler Gemeinde. An diesem Morgen ist um zehn Uhr aber noch wenig los. Schmitz kann sich mit seinem Stadtplan also auch räumlich entfalten, wenn er von seinem Stadterkundungsprojekt erzählt. Mehr als 2.000 Kilometer ist er dafür bereits marschiert. Der Brüssel-Wanderer lässt auf seinem Smartphone eine App mitlaufen, die Buch für ihn führt. Heute macht er seinen 399. »Spaziergang«, wie er seine Stadtbegehungen nennt.
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