Fliegender Wechsel
Nun also ist es amtlich: Der amtierende US-Präsident Joe Biden wird nicht erneut kandidieren. Vier Wochen Psychodrama mit Rund-um-die-Uhr-Spekulationen und ständig sich widersprechenden Wasserstandsmeldungen – er trifft sich mit seinen Beratern, um die Modalitäten seines Rückzugs zu besprechen; seine Familie hat ihn überzeugt, auf keinen Fall klein beizugeben; die Parteiführung der Demokraten hat Biden ein Ultimatum gestellt; die Parteiführung hat sich längst schon mit Bidens Niederlage am 5. November abgefunden –, sind zur Erleichterung vieler ohne einen weiteren Plot-Twist zu Ende gegangen.
Die Entscheidung Bidens vom Sonntag, nur vier Monate vor der Wahl, seine Kandidatur zurückzuziehen und Vizepräsidentin Kamala Harris an seiner Statt vorzuschlagen, mag in der US-amerikanischen Parteiengeschichte präzedenzlos sein; sie war zugleich der wahrscheinlich sinnvollste Ausgang der ganzen Affäre für die Demokraten.
Statt die Wahl zu einem Referendum über Abtreibungsrechte, Sozialstaat und erneuerbare Energien zu machen, drohte sich alles um Parkinson, Demenz und körperlichen Verfall zu drehen.
Dass Bidens Achillesferse sein fortgeschrittenes Alter ist, bekundeten seit Jahren alle Umfragen; selbst Wähler der Demokraten wünschten mehrheitlich, er möge nicht wieder antreten. Genau darum hatte sein Wahlkampfteam die Debatte mit seinem republikanischen Konkurrenten Donald Trump so früh im Wahlkampf initiiert: Im Kontrast mit dem Wüterich würde, so das Kalkül, Biden als in Würde gealterter Staatsmann erscheinen, und eine anständige Performance könne all die Gerüchte und Zischeleien über seinen kognitiven Verfall endgültig zum Verstummen bringen.
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