Agrarholdings statt Kolchosen
Wenn Unternehmen heutzutage in der Ukraine investieren, kann das bedeuten, neben Produktionsanlagen auch Luftschutzbunker für die Angestellten zu bauen. So war es im Fall des deutschen Konzerns Bayer, der im vergangenen Jahr 60 Millionen Euro in den Ausbau seiner Saatgutanlage in der Region Schytomyr westlich von Kiew steckte. Bayer hatte diese Anlage 2018 für 200 Millionen Euro aufgebaut, nachdem es den US-Konzern Monsanto übernommen hatte, und damit seine Position als Branchenführer in der Ukraine gefestigt.
Der ukrainische Agrarmarkt bleibt auch in Kriegszeiten für Investoren von außerhalb attraktiv. Ausländische Unternehmen investieren in Häfen, Getreidesilos, Logistikinfrastruktur, sie pachten und bewirtschaften Land und vergeben Kredite an ukrainische Landwirte. Letzteres veranlasste den US-amerikanischen Think Tank Oakland Institute im vergangenen Jahr zu einem alarmierten Bericht, dem zufolge der ukrainische Agrarsektor immer mehr von ausländischen Kreditgebern abhängig sei. Die Folge sei eine »heimliche Übernahme des ukrainischen Agrarlands«.
In ländlichen Gebieten ist die Arbeitslosigkeit hoch und Schwarzarbeit weit verbreitet, es gibt ein starkes ökonomisches Stadt-Land-Gefälle.
Solche Ängste, dass ausländische Investoren das fruchtbare ukrainische Land aufkaufen, sind auch unter den Bürgern des Lands weitverbreitet, doch bis heute ist der Verkauf von Agrarland an ausländische Firmen verboten. 2021 sprachen sich Umfragen zufolge rund 84 Prozent der Befragten dafür aus, dieses Verbot beizubehalten.
Denn die Bewirtschaftung der ukrainischen Böden ist lukrativ. Insbesondere seit durch den Krieg die Schwerindustrie stark beschädigt wurde, sind Agrarprodukte die wichtigsten ukrainischen Exportgüter. Vor dem russischen Einmarsch arbeiteten rund 15 Prozent aller Angestellten in der Landwirtschaft.
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