In den Kerkern der Taliban
Seit eineinhalb Jahren wohnt die geflüchtete afghanische Journalistin Somaia Valizadeh in Frankfurt. Doch sie bleibt getrieben. »Je mehr Zeit vergeht, desto weniger sieht die internationale Gemeinschaft das Leid der Frauen in Afghanistan. Es wird zur Normalität und die Taliban werden immer salonfähiger«, sagte sie während einer Videokonferenz von Journalistinnen, die sich wöchentlich treffen, um Informationen über die Menschenrechtslage in Afghanistan auszutauschen. Sie sind Teil des Netzwerks »Kite Runner« (Drachenläufer), das nach dem 2003 erschienenen gleichnamigen Roman des US-amerikanischen Autors Khaled Hosseini benannt ist. Der wurde in Afghanistan geboren, erhielt aber als Jugendlicher aufgrund der sowjetischen Invasion 1979 mit seiner Familie in den USA politisches Asyl.
Das Buch erzählt von der Freundschaft zweier Jungen in Kabul, die nichts auf der Welt lieber tun, als gemeinsam Papierdrachen steigen zu lassen. Kriege und die sozialen und ethnischen Konflikte führen den einen Protagonisten ins Exil in die USA, während der andere erst unter der sowjetischen Besatzung und dann unter der ersten Herrschaft der Taliban im »Islamischen Emirat Afghanistan« von 1994 bis 2001 leben muss. Die Erinnerung an die kleinen bunten Drachen über den Dächern Kabuls und die Sehnsucht nach den unbeschwerten Kindertagen wird den Freund im Exil sein Leben lang nicht loslassen – eine Parabel über die jüngere Geschichte des Landes bis kurz vor dem 11. September 2001. Die Terroranschläge unter anderem auf das World Trade Center in New York City lösten den Einmarsch der von den USA angeführten internationalen Militärallianz in Afghanistan aus, die bis 2021 Krieg gegen die letztlich siegreichen Taliban führte.
80 Prozent der Journalistinnen in Afghanistan mussten mit ihrer Arbeit aufhören, die restlichen werden dabei behindert und bedroht.
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