Wenn dir der LKW-Fahrer tief in die Augen schaut
»Ich liege mit dem Kopf auf dem Kopfsteinpflaster, ein LKW-Fahrer schaut mir tief ins Gesicht – leise summt der Motor von einem Latexlaster. Mein Leben wird leicht, unter seinem Gewicht«, stöhnt Jacques Palminger zur Jazzmusik des Trios 440 Hertz in dem Song »I und Aua« auf ihrem neuen Album »Die Sehnsucht der Sterne«.
Auf dem tollen Cover von Alex Solman posiert ein gut aufgelegter Zahn vor einem lila Sternenhimmel. Den speziellen Humor von Palminger, Mitglied des Künstlertrios Studio Braun, kann man vielleicht als »psychedelisch« umschreiben. Sein demagogischer Ton, verpackt in spitzbübische Wilhelm-Busch-Reime für Erwachsene mit gewissen Neigungen, balanciert auf dem schmalen Grat zwischen Tragödie und Komödie.
»Bei Musik gibt es nichts zu lachen«, weiß Sven Regener, »die Musik ist eine geheimnisvolle Kunst, und ihre Wirkung geht direkt aufs Gefühl wie Traubenzucker ins Blut.«
»Bei Musik gibt es nichts zu lachen«, weiß Sven Regener, »die Musik ist eine geheimnisvolle Kunst, und ihre Wirkung geht direkt aufs Gefühl wie Traubenzucker ins Blut. Wenn nicht ein lustiger Gesangstext dazukommt, lacht bei Musik kein Mensch«, schreibt der Schriftsteller und Frontmann von Element of Crime in seinem neuen Buch »Zwischen Depression und Witzelsucht. Humor in der Literatur«. Ausgehend von der Beobachtung, dass die – oft ironischen – Songs von Element als traurig, seine Romane als witzig rezipiert werden, geht Regener der Frage nach, wie das Komische in der Kunst entsteht. Eine lesenswerte Nabelschau ohne Schenkelklopfer.
Mehr von Regener und der Band gibt es ab 1. Oktober in dem Kinofilm »Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin« zu sehen und zu hören. Jakob Ilja, Gitarrist der Berliner Combo, erzählt in Charly Hübners vielschichtigem Porträt seiner All-Time-Lieblingsband, dass er Regeners Texte überhaupt nicht melancholisch findet, sondern zumeist sehr lustig.
Ein Film, so schnoddrig, poetisch und kryptisch wie ein Song von Element of Crime
Hübners Doku beruht nicht nur auf Gesprächen mit Bandmitgliedern und Vorbandmitgliedern, sondern auch auf fünf Konzertmitschnitten einer einwöchigen Tour durch Berlin. Dazu hat Hübner Archivmaterial aus den wilden achtziger Jahren in Berlin ausgegraben.
Herausgekommen ist ein Film, der so schnoddrig, poetisch und kryptisch ist wie ein Song von Element of Crime. Der womöglich unfreiwillig komischste Satz im Film kommt von Bandmanagerin Charlotte Goltermann. Über die Show der Band im Admiralspalast sagt sie: »Das Publikum wird ja auch nicht jünger und will dann auch mal sitzen.« Im Kino kein Problem!