17.10.2024
Die Fernsehdebatte zwischen Sahra Wagenknecht und Alice Weidel

Abklappern von Gemeinsamkeiten

Auf Welt TV debattierten die Vorsitzenden von AfD und BSW, Alice Weidel und Sahra Wagenknecht, miteinander. Es zeigten sich mehr Übereinstimmungen als Gegensätze.

Der Wahlkampf für die im September 2025 anstehende Bundestagswahl hat zwar noch nicht richtig begonnen. Mitte vergangener Woche trafen sich aber bereits zwei Parteivorsitzende zu einer Fernsehdebatte, die als Vorbote einer Kontroverse darüber gelten darf, wer im Wahlkampf mit wem diskutieren sollte. Alice Weidel (AfD) und Sahra Wagenknecht (BSW) waren unter der Moderation von Jan Philipp Burgard zum »Schlagabtausch« beim Fernsehsender Welt geladen. Es war ihr erstes Aufeinandertreffen in einer solchen Debatte – und die Stimmung zwischen den beiden war die meiste Zeit gut.

Die AfD liegt in den Umfragen stabil zwischen 17 und 19 Prozent und bei der Landtagswahl in Thüringen schaffte sie es sogar, mit ihrem Spitzenkandidaten Björn Höcke stärkste Partei zu werden. Das erst im Januar als Partei gegründete BSW wiederum zog auf Anhieb ins Europaparlament und in die Landtage Thüringens, Sachsens und Brandenburgs ein und sondiert in den drei Ostländern mit SPD und CDU die Möglichkeit von Koalitionen.

Beim Thema Ukraine fiel vor lauter Einigkeit gar nicht mehr auf, dass sich Politikerinnen verschiedener Parteien im Studio befinden.

Zwar empörte sich Wagenknecht anfangs ein wenig darüber, dass Weidel dem BSW in den sozialen Medien vorgeworfen hatte, sich durch die Sondierungsgespräche zur »Steigbügelhalterin der Altparteien« zu machen. Aber das änderte nichts daran, dass beide viel lächelten. Weidel würde selbst gerne koalieren; Wagenknecht betonte, es sei vollkommen offen, ob die Verhandlungen zu Koalitionen führen werden.

Bei vielem war man sich einig. Beide wollen zum Beispiel die Energiewende beenden. Wagenknecht bevorzugt russisches Gas: »Wir tun immer so, als würden wir Putin einen Gefallen tun, wenn wir sein Gas kaufen. Nein, es ist für uns vorteilhaft.« Weidel möchte ein »diversifiziertes Energieportfolio, zusammengesetzt aus sicherer Kernkraft und aus Kohlekraft«. Auch sie will zu russischen Energieimporten zurückkehren.

Beim Thema Ukraine fiel vor lauter Einigkeit gar nicht mehr auf, dass sich Politikerinnen verschiedener Parteien im Studio befinden; was die beiden wie mit einer gemeinsamen Stimme sagten, wird Russlands Präsident Wladimir Putin gerne hören. Wagenknecht vertrat die Ansicht, der Krieg sei »nicht aufgrund von territorialen Streitigkeiten ausgebrochen«, sondern »weil die Russen kein US-Militär an ihre Grenzen haben wollen«. Hätte sich die Ukraine nicht nach Westen hin orientiert, sondern sich mit seinem Status als Satellit Moskaus beschieden, wäre also nichts passiert.

Waffenlieferungen an Israel lehnten beide ab

Wagenknechts Positionen seien »AfD-Positionen«, sagte Weidel zustimmend. »Frau Wagenknecht hat ja auch schon angedeutet, es ist eine lange Geschichte um die Ukraine und das hat natürlich sehr viel damit zu tun, dass die Nato-Osterweiterung stattgefunden hat, und das war entgegen den münd­lichen Zusagen der Wiedervereinigung.« Die hatte es zwar so nicht gegeben, aber das interessiert die beiden nicht.

Bei der Frage zu Israel schienen anfangs so, als ob die beiden weiter auseinander lägen. Burgard fragte die beiden, wo sie der Opfer des Überfalls der Hamas auf Israel gedacht hätten. »Ich bin mit meinen jüdischen Freunden in mich gegangen«, meinte Weidel. Die Bilder aus Israel hätten sie ebenso schockiert wie die folgende Explosion von Antisemitismus auf Deutschlands Straßen.

Wagenknecht hingegen reagierte auf die Frage etwas irritiert. Sie hatte offenbar anderes zu tun, als des größten Massenmords an Juden seit der Shoah zu gedenken. Stattdessen warf sie Israel flott eine »barbarische Kriegsführung« vor: »Man kann Terrorismus nicht ausrotten, indem man selber Terror anwendet.« Als es um die praktische Hilfe für Israel ging, passte dann wieder kein Blatt zwischen die beiden: Waffenlieferungen an Israel lehnte Weidel ebenso wie Wagenknecht ab.

Wagenknecht gefiel es sichtlich, neben Weidel als Gemäßigte aufzutreten. Mi­gration müsse zwar begrenzt werden, aber sie sei dagegen, integrierte Migranten abzuschieben.

Am schärfsten war der Dissens beim Thema Migration. Wagenknecht und Burgard konfrontierten Weidel mit den sogenannten Remigrationsplänen ­unter anderem des Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke. Dieser hatte im Dezember bei einer Rede in Gera klargemacht, dass er bereit sei, Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft den deutschen Pass zu entziehen, um sie dann auszuweisen. »Wir werden auch ohne Probleme mit 20 bis 30 Prozent weniger Menschen in Deutschland leben können«, meinte Höcke. Weidel sah offenbar keinen Anlass, sich davon zu distanzieren: »Es interessiert mich überhaupt nicht, was ein Landesvorsitzender macht.«

Wagenknecht gefiel es sichtlich, neben Weidel als Gemäßigte aufzutreten. Mi­gration müsse zwar begrenzt werden, aber sie sei dagegen, integrierte Migranten abzuschieben. Zudem machte sie klar, dass sie mit jemandem wie Höcke nichts zu tun haben wolle. »Wenn ich mir anschaue, wie ein Mann wie Höcke davon schwärmt, dass schwache Volksteile in Deutschland ausgemerzt werden müssen, muss ich ehrlich sagen, ich will nicht, dass so ein Mann in ­unserem Land an die Macht kommt.«

Für Wagenknecht ist Weidel eine Konservative in einer Partei, die sich »radikalisiert« habe. Mit einer Weidel-AfD ohne einen Höcke-Flügel, das wurde deutlich, könnte Wagenknecht sich eine Zusammenarbeit vorstellen. Schließlich wollten die Wähler beider Parteien eine »Veränderung«, so ­Wagenknecht.