Jungle+ Artikel 14.11.2024
Viele US-Demokraten machen die Identitätspolitik für die Niederlage der Partei verantwortlich

Woke ist out

Immer mehr US-Demokraten wenden sich von der sogenannten Wokeness ab und befürworten eine an Klasseninteressen orientierte Politik. Dass die Partei dennoch als abgehoben wahrgenommen wird, hat auch mit ihrem Umfeld aus NGOs und Stiftungen zu tun, die in der Sprache eines identitätspolitischen Kulturkampfs zur Wahl aufgerufen hatten.

Der Kontrast hätte kaum schärfer sein können. Eine Woche vor der Präsidentschaftswahl waren rund 75.000 Menschen zu Kamala Harris’ Abschlussrede ihrer Wahlkampagne auf die sogenannte Ellipse vor dem Weißen Haus und die angrenzende Grünfläche ge­pilgert, die sich zum Washington Monument erstreckt.

Die Stimmung war gelöst, beinahe euphorisch und die Hoffnung auf einen Wahlsieg groß. Am Tag nach der Wahl bei ihrer Rede auf dem Campus ihrer Alma Mater, der historisch afroamerikanischen Howard University, die zu ihrer concession speech werden sollte, war der Andrang so gering, dass eine Stunde nach Einlassbeginn der eigentlich den Kampagnen­helfer:innen vorbehaltene Bereich direkt vor der Bühne für alle geöffnet werden musste, damit die Veranstaltung in der Fernsehübertragung nicht zu traurig aussehen würde.

69 Prozent der US-Amerik­aner:in­nen sprachen sich 2023 dafür aus, dass Transgender­personen im Sport nach dem Geschlecht, mit dem sie geboren wurden, eingruppiert werden sollten.

In ihrer Rede sprach Harris darüber, wie wichtig ein friedlicher Machtwechsel in einer Demokratie sei, aber auch darüber, dass der Kampf noch nicht vorbei sei. »When we fight, we win« (Wenn wir kämpfen, gewinnen wir), hatte ein Slogan ihrer Kampagne gelautet. Manchmal dauere dieser Kampf einfach etwas länger, sagte sie, und man konnte es ihr beinahe glauben. Wenn Donald Trump auch nur die Hälfte von dem, was er im Wahlkampf angekündigt hat, tatsächlich zu verwirklichen anstrebt, dann stehen der US-amerikanischen Demokratie jedenfalls Abwehrkämpfe an allen Fronten bevor.

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