Jungle+ Artikel 12.12.2024
In Südkorea folgt auf das kurzzeitig ausgerufene Kriegsrecht eine Verfassungskrise

Zweieinhalb Stunden Notstand

Nachdem er kurzzeitig das Kriegsrecht in Südkorea ausrief, bleibt Präsident Yoon Suk-yeol zwar vorerst im Amt, wird aber von seinen Pflichten entbunden. Die Entscheidung seiner Partei, die Befugnisse des Präsidenten auf den Ministerpräsidenten zu übertragen, führt in eine Verfassungskrise.

Seoul. Die Welt war unter Schock, als Präsident Yoon Suk-yeol am 3. Dezember um 22.27 Uhr in einer Fernsehansprache das Kriegsrecht in Südkorea ausrief. Eine halbe Stunde später verkündete Armeestabschef Park An-su die Bedeutung des Erlasses: Politische Aktivitäten wie Demonstrationen und Streiks sind ab sofort verboten, die Medien unterliegen strengen Kontrollen.

Das Streikverbot beinhaltete, dass das medizinische Personal, das seit Februar immer wieder die Arbeit niedergelegt hatte, innerhalb von 48 Stunden an die Arbeit zurückkehren musste. Park warnte, dass Verstöße gegen das Dekret schwere Konsequenzen nach sich ziehen würden, darunter Verhaftungen und Durchsuchungen ohne richterlichen Beschluss.

Wenige Minuten vor Mitternacht stürmten Soldaten der 707. Sondereinsatzgruppe zum Parlamentsgebäude im Süden Seouls und versuchten, durch die Hintereingänge einzudringen, während Militärhubschrauber über dem Gelände kreisten. Mitarbeiter und Abgeordnete verbarrikadierten die Türen. Es kam zum Handgemenge mit den Soldaten, während manche Abgeordnete an den Militärposten vorbei über Zäune sprangen, um ins Gebäude zu gelangen.

Ahn Gwi-ryeong, die stellvertretende Sprecherin der Demokratischen Partei, wurde schnell zu einem populären Vorbild, da sie mit bloßen Händen das Sturmgewehr eines Soldaten beiseite drückte.

Ahn Gwi-ryeong, die stellvertretende Sprecherin der oppositionellen Demokratischen Partei (DPK), wurde schnell zu einem populären Vorbild, da sie vor laufenden Kameras mit bloßen Händen das Sturmgewehr eines Soldaten beiseite drückte. Als Fallschirmjäger über die Fenster eindrangen, wurde bereits gegen ein Uhr nachts eine Notabstimmung durch­geführt, in der die 190 anwesenden Abgeordneten einstimmig für die Auf­hebung des Kriegsrechts votierten.

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