Jungle+ Artikel 19.12.2024
Die »neuen Theisten« behaupten, Religion sei für eine liberale Gesellschaft unverzichtbar

Wiederentdecker des christlichen Abendlands

Eine Reihe von Intellektuellen fordert eine Rückbesinnung auf das Christentum, um die westliche Zivilisation zu retten. Unter ihnen befinden sich auch ehemalige Atheisten.

Bei der Lektüre von Jordan Petersons neustem Buch, einer verworrenen Apologie der Religion mit dem Titel »Gott – Das Ringen mit einem, der über allem steht«, kommen unwillkürlich einige Zeilen Lord Byrons über Samuel Coleridge in den Sinn: »Explaining metaphysics to the nation, I wish he would explain his explanation.«  (In etwa: Während er den Leuten die Metaphysik erklärt, wünschte ich, er erklärte seine Erklärung.)

Peterson ist mit seiner metaphysisch angehauchten Selbsthilfeliteratur weltweit zu einem Bestseller-Autor geworden. Nun will er zeigen, dass die Mythen der Bibel grundlegend für die Menschheit seien, und fordert eine Rückbesinnung auf sie, um die »west­liche Zivilisation« wiederzubeleben. Ob Peterson selbst an Gott glaubt, bleibt dabei unklar – wie überhaupt vieles in seinen wolkigen Argumentationen.

Mit seinem Plädoyer für Religion an sich und die Bibel im Besonderen reiht sich Peterson ein in eine Strömung, die Ed West im Spectator in Anspielung auf den »New Atheism« der nuller und zehner Jahre als »New Theism« (Neuer Theismus) bezeichnet. Während damals viele Intellektuelle, allen voran der Biologe Richard Dawkins, gegen die Religion und für den säkularen Liberalismus eintraten, argumentieren die »neuen Theisten« heute, dass das Christentum für das Gedeihen der westlichen Welt notwendig sei.

Ayaan Hirsi Ali, Tom Holland, Douglas Murray, Louise Perry und Konstantin Kisin

Zu den »neuen Theisten« zählen so unterschiedliche Persönlichkeiten wie ­Ayaan Hirsi Ali, die als Islamkritikerin bekannt wurde und mittlerweile Christin ist, der Populärhistoriker Tom Holland, der argumentiert, Liberalismus und Individualismus seien historische Produkte des Christentums, der neokonservative Schriftsteller Douglas Murray, Louise Perry, eine Kritikerin der »sexuellen Revolution«, und der Podcaster Konstantin Kisin.

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