09.01.2025
Im Bundestagswahlkampf wird über die Erhöhung der Militärausgaben debattiert

Streit über die Zeche

Mehr Geld für die Truppe soll her. Doch wie viel genau und wofür eigentlich, ist im Bundestagswahlkampf umstritten.

Im Kapitalismus liegt es nahe, die große Bedeutung, die man einem Anliegen zumisst, dadurch zu bekräftigen, dass man sehr große Ausgaben dafür befürwortet. »Nach Berechnungen von Experten sind in den nächsten Jahren etwa dreieinhalb Prozent unserer Wirtschaftsleistung für Verteidigung nötig. Das teile ich«, sagte Robert Habeck.

Um welche Experten es sich handelt und warum es 3,5 Prozent – 0,1 Prozentpunkt mehr, als die USA 2023 für das Militär aufwendeten – sein müssen, verriet der Kanzlerkandidat der Grünen nicht. Die Idee, den Militäretat »fast zu verdoppeln, ohne zu sagen, wofür das Geld aufgewendet werden und woher es kommen soll«, sei »etwas unausgegoren«, konterte der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Ähnlich verhielt es sich allerdings schon mit dem 2022 beschlossenen Sondervermögen für die Bundeswehr von 100 Milliarden Euro.

Während des Kalten Kriegs überstiegen die westdeutschen Militärausgaben fast immer drei, in mehreren Jahren sogar vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Dennoch war dies die Zeit kontinuierlich steigender Reallöhne und des Ausbaus des Sozialstaats.

Scholz fragt nun: »Wer zahlt die Zeche? Die Bürgerinnen und Bürger?« Da Militärausgaben aus Steuermitteln bestritten werden, kommt niemand anders in Betracht. Die Frage ist allerdings, welche Bürgerinnen und Bürger wie viel zahlen. Hartnäckig hält sich gerade unter Linken die Ansicht, höhere Militärausgaben würden zwangsläufig Kürzungen im Sozialbereich nach sich ziehen.

Doch während des Kalten Kriegs überstiegen die westdeutschen Militärausgaben fast immer drei, in mehreren Jahren sogar vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Dennoch war dies die Zeit kontinuierlich steigender Reallöhne und des Ausbaus des Sozialstaats. Der Höchstsatz der Einkommensteuer lag über 50 Prozent (derzeit sind es 42 Prozent) und es wurde eine Vermögensteuer fällig, die seit 1997 nicht mehr erhoben wird. 2005, als die Hartz-IV-Gesetze in Kraft traten, lagen die Militärausgaben auf dem historischen Tiefstand von 1,07 Prozent.

»Hannibal« und die demokratische Zuverlässigkeit der Truppe

Es gibt jedoch weiterhin gute Gründe, höhere Ausgaben für die Bundeswehr abzulehnen. Zur Feststellung des Finanzbedarfs der Bundeswehr müsste eigentlich zunächst geklärt werden, was für welche Zwecke bewilligt werden soll und ob es nicht auch billiger geht.

Aber wo ist Christian Lindner, wenn man ihn mal brauchen könnte? Bundeswehr und Rüstungsindustrie mit Effizienzforderungen zu behelligen, gilt als ungehörig. In den USA stellte sich jüngst heraus, dass Boeing bei Seifenspendern für das Transportflugzeug C-17 einen Aufschlag von 7.943 Prozent kassierte. In Deutschland wird so etwas gar nicht erst untersucht.

Zudem haben nicht nur die Enttarnung des rechtsextremen Netzwerks »Hannibal« und die Aussage des damaligen Inspekteurs der Deutschen Marine, Kay-Achim Schönbach: »Wir brauchen Russland gegen China«, gezeigt, dass die demokratische Zuverlässigkeit der Truppe keineswegs über jeden Zweifel erhaben ist. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass, wie es sich derzeit in Österreich anbahnt, eine putinfreundliche Partei das Kommando übernimmt.