Die versandete Knastreform
Über 13 Jahre saß Manfred Genditzki im Gefängnis für einen Mord, den er nicht begangen hatte. Am 7. Juli 2023 wurde er vom Landgericht München freigesprochen. Zu dem Zeitpunkt war er 63 Jahre alt.
Genditzki hat Anrecht auf Entschädigung für die Zeit im Gefängnis. Derzeit bekommt man 75 Euro für jeden zu Unrecht verbüßten Tag in Haft – das besagt das Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen. In Genditzkis Fall kamen so 368.700 Euro zusammen. Dagegen klagt Genditzki: er verlangt 750.000 Euro.
Darüber hinaus hat er Anrecht auf Kompensation für Verdienstausfälle, weil er 13 Jahre lang nicht arbeiten konnte. In dem noch nicht abgeschlossenen Gerichtsprozess stellte die Generalstaatsanwaltschaft in diesem Punkt eine eigentümliche Gegenforderung. Sie ist bereit, Genditzki noch mehrere Hunderttausend für Verdienstausfälle zu zahlen, will aber 100.000 Euro von dieser Summe abziehen lassen, als »Vorteilsausgleich«.
Der Fall Genditzki verdeutlicht die Ungerechtigkeiten im Umgang mit Justizopfern. Die noch amtierende Bundesregierung hatte seit 2022 eine Gesetzesreform geplant, um daran etwas zu ändern.
Das ist bei Entschädigungen für unrechtmäßige Haftstrafen durchaus üblich. Die »Vorteile«, in deren Genuss Genditzki gekommen sein soll, sind Verpflegung und Unterkunft im Gefängnis sowie der klägliche Lohn, den Gefangene für die Pflichtarbeit hinter Gittern erhalten. »Auf die Kost und die Logis hätte er gern verzichtet«, sagte dazu Regina Rick, die Anwältin Genditzkis, der Süddeutschen Zeitung.
Der Fall verdeutlicht die Ungerechtigkeiten im Umgang mit Justizopfern. Die noch amtierende Bundesregierung hatte seit 2022 eine Gesetzesreform geplant, um daran etwas zu ändern. Am 6. November hat sie einen Entwurf vorgelegt. Doch mit dem vorzeitigen Ende der Koalition droht das Gesetzesvorhaben nun im Sand zu verlaufen.
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