Zu nichts zu gebrauchen
»Wir kämpfen für Dich und Deutschland!« brüllt es von den Wahlkampfplakaten, auf denen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit der Euphorie eines Bankbeamten vor einer flatternden Deutschland-Fahne posiert. Es ist das vertraute Bild einer Partei, die sich mit großer Geste als Retterin inszeniert, während sie das, wovor Rettung nötig wäre, jahrelang selbst mit erschaffen hat.
Die SPD ist vor allem eines: Manager des Status quo. »Modernisierung«, »Sicherheit«, »Zusammenhalt« – diese wohlfeilen Begriffe erfüllen in den SPD-Wahlprogrammen einen ähnlichen Zweck wie Raucherstäbchen in schlecht gelüfteten WG-Küchen: Sie sollen die Luft angenehmer machen, doch der Mief bleibt. »Wir modernisieren das Land!« tönt es stolz.
Kapitalfreundliche Standortpflege
Doch in der sozialdemokratischen Praxis bedeutet das nicht Umverteilung und Investition ins Gemeinwohl, sondern kaum mehr als kapitalfreundliche Standortpflege. Breitbandausbau? Prima, wenn Vodafone mitverdient. Nachhaltigkeit? Aber bitte in Form steuerfinanzierter Wasserstoffprojekte für die Industrie.
Und der Wohnungsmarkt? Wird weiter sich selbst überlassen, während sich die Wohnungsnot verschärft und die von der Partei selbst gesteckten Ziele des sozialen Wohnungsbaus längst nicht erreicht wurden.
Wer kämpft, hat ein Ziel. Fraglich nur, welches das im Fall der SPD sein soll. Bezahlbare Mieten, sichere Arbeitsverhältnisse oder soziale Absicherung im Alter sind es jedenfalls nicht.
Schon hinter der Änderung von Hartz IV in Bürgergeld verbarg sich kaum mehr als ein Namenswechsel, substantiell änderte sich nicht viel. Doch sogar das Bisschen wird nun wieder zurückgenommen.
»Wer in eine schwierige Lage gerät, braucht nicht noch zusätzliche Hürden«, verkündete der SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil noch 2022 mit viel Pathos, als das sogenannte Bürgergeld an die Stelle des ALG II, Hartz IV genannt, trat. Schon dahinter verbarg sich kaum mehr als ein Namenswechsel, substantiell änderte sich nicht viel. Doch sogar das Bisschen wird nun wieder zurückgenommen.
Im Herbst, gerade mal zwei Jahre später also, hat die Bundesregierung wieder härtere Sanktionen für vermeintlich arbeitsunwillige Arbeitslose beschlossen. Außerdem kündigte die SPD im Dezember an, im Falle einer erneuten Regierungsbeteiligung zu weiteren »Abstrichen« beim Bürgergeld bereit zu sein. Der großspurig angekündigte »Respekt« ist nirgends zu entdecken, es bleiben die behördliche Gängelung und die alte Leier vom »Fordern und Fördern«.
Gerhard Schröders Pipeline-Kuschelei mit Gazprom
»Wir haben die Energiekrise bekämpft!« rühmt sich die SPD immerhin. Doch warum musste sie das eigentlich? Weil sie selbst jahrzehntelang Deutschlands Abhängigkeit von russischem Gas forciert hat. Schon unter dem ersten sozialdemokratischen Kanzler Willy Brandt begann das Geschäft mit sowjetischem Gas, konsequent weitergeführt durch Gerhard Schröders (SPD) Pipeline-Kuschelei mit Gazprom, abgenickt von den Sozialdemokraten bei jeder folgenden Regierungsbeteiligung. Wer sich selbst Fesseln anlegt und dann, nachdem er genötigt wurde, sie abzustreifen, triumphierend verkündet, sich befreit zu haben, ist kein Held – sondern ein Narr.
Die SPD, die sich selbst gerne als Friedenspartei versteht, hatte 1999 den ersten deutschen Angriffskrieg nach 1945 zu verantworten und entdeckt nun abermals ihr Herz für Panzer. »Wir bringen die Bundeswehr auf Vordermann!« tönt Scholz – als gäbe es sonst nichts zu flicken in diesem Land.
Die SPD liebt große Worte, das wird in diesem Wahlkampf mal wieder deutlich. Das Problem: Sie verspricht, Brände zu löschen, die sie selbst gelegt hat – und feiert sich als Feuerwehr. Die SPD verspricht einen Sozialstaat, der nicht ganz kollabiert, einen Kapitalismus, der nicht ganz explodiert, und ein bisschen Fortschritt, der sich gut auf Plakaten macht. Aber wer sich von der SPD eine bessere Gesellschaft erhofft, glaubt vermutlich auch, dass ein Fisch Fahrrad fahren kann.