20.02.2025
Die faden Entschuldigungstiraden im Netz

Und täglich grüßt die Sau

Kolumne. Wer einer Verfehlung verdächtigt wird, hat sich öffentlich zu entschuldigen.

Täglich wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben, ein paar Fehltritte finden sich immer. Dann gibt es einen Skandal und irgendjemand muss von irgendetwas zurücktreten. Die Sittenwächter und Gesinnungsschnüffler sind progressiv und engagiert – sie stehen ganz gewiss auf der richtigen Seite. Und sie lieben es, Abweichler zu Fall zu bringen.

Leider haben auch sie Leichen im Keller und müssen deshalb in der ständigen Angst leben, selbst zu Fall gebracht zu werden. Viele Beobachter finden diesen Zirkus gruselig, aber wenn es die Richtigen trifft – und nicht selten handelt es sich bei den Ausgestoßenen ja wirklich um Arschlöcher –, können auch sie sich einer gewissen Schadenfreude nicht entziehen. 

Man macht ein Statement, in dem man sich dafür entschuldigt, dass man Gefühle verletzt hat (beziehungsweise für den Fall, dass man Gefühle verletzt haben sollte). Man weist darauf hin, dass diejenigen, die einen wirklich kennen, wissen, dass man eigentlich ganz andere Werte vertritt.

Wird einem etwas Verwerfliches vorgeworfen, hat man schleunigst Abbitte zu leisten und öffentlich zu Kreuze zu kriechen. Man macht dann ein Statement, in dem man sich dafür entschuldigt, dass man Gefühle verletzt hat (beziehungsweise für den Fall, dass man Gefühle verletzt haben sollte). Man weist darauf hin, dass diejenigen, die einen wirklich kennen, wissen, dass man eigentlich ganz andere Werte vertritt.

Man erwähnt, dass man sich mit Experten zusammengesetzt hat und nun einen Lernprozess durchmacht. Und man kündigt an, sich in therapeutische Behandlung zu begeben. So ein Statement kann man binnen Sekunden von einer Künstlichen Intelligenz erstellen lassen, es ist immer der gleiche Mist. Dennoch scheitern manche mit ihrer Entschuldigung, weil sie entweder zu schlecht (Xavier Naidoo) oder zu gut (El Hotzo) ausfällt.

Xavier Naidoo und El Hotzo

Naidoo, dessen Äußerungen zeitweilig von denen eines Neonazis kaum mehr zu unterscheiden waren (und der Glück hat, dass er vielen nur als »Schwurbler« gilt), hat sich zwar entschuldigt und distanziert, aber vergessen, konkret zu sagen, wofür und wovon. Der gar nicht mal so lustige El Hotzo machte seinen unangenehmen Privatkram selbst öffentlich, analysierte sämtliche Fehler in übermenschlicher Perfektion und überließ seine Social-Media-Kanäle verschiedenen Wohltätigkeitsorganisationen.

Im Grunde kann man es aber auch gar nicht mehr richtig machen, wenn das Kind einmal in den Brunnen gefallen ist. Man kann höchstens abwarten, bis die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird – dauert ja nicht lange.

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Podkowik Propaganda – die Kolumne von Kolja Podkowik