Dafür oder dagegen
»Meine Zeit als RAF-Terroristin und mein Leben danach« – der Untertitel von Silke Maier-Witts Autobiographie »Ich dachte, bis dahin bin ich tot« ist eine verräterische Untertreibung. Verräterisch, weil die Selbstbezeichnung »Terroristin« verrät, dass die heute 75jährige zur RAF auf Distanz gegangen ist. Untertreibung, weil Maier-Witt aus mindestens fünf Leben erzählt. Kindheit, Jugend und Politisierung in der BRD von 1950 bis 1977. Zweieinhalb Jahre RAF, 1977 bis 1979. Zehn Jahre undercover Leben in der DDR als Angelika Gerlach beziehungsweise Sylvia Beyer, 1980 bis 1990. Fünf Jahre Gefängnis in der BRD nach der »Wiedervereinigung«, 1990 bis 1995. Das »Leben danach« führt sie 2000 nach Kosovo, wo sie als »Friedensfachkraft« arbeitet, ab 2007 in Mazedonien. Es gibt geradlinigere Lebensläufe und wenige, die so ergiebig erzählen von Glanz (wenig) und Elend (viel) der deutschen respektive deutsch-deutschen Linken der vergangenen 75 Jahre.
Ihren Eintritt in die Rote Armee Fraktion (RAF) kann Silke Maier-Witt auf den Tag genau datieren. Am 7. April 1977, sie ist 27, wird in Karlsruhe der Generalbundesanwalt Siegfried Buback erschossen, mit ihm sterben sein Fahrer Wolfgang Göbel und Georg Wurster, Leiter der Fahrbereitschaft. Tatsächlich spricht Silke Maier-Witt vom »Eintritt« in die RAF, so wie man in eine Partei eintritt oder einen Schützenverein. Oder eine Sekte. »Mir wird bewusst, dass mein Eintritt in die RAF durchaus mit dem Eintritt in eine Sekte zu vergleichen ist.«
Noch kein Abonnement?
Um diesen Inhalt zu lesen, wird ein Online-Abo benötigt::