27.03.2025
Ein Vortrag erinnert an die Verfolgung schwarzer Menschen im Nationalsozialismus

Drei, die überlebten

Während der Nazi-Zeit führten schwarze Deutsche ein Leben in ­ständiger Angst. Ein Vortrag in Köln erinnerte an einige außer­gewöhnliche Biographien

Der Vortragsaal im Kölner Museum am Neumarkt war gut gefüllt, und das am ersten schönen Frühlingsabend des Jahres. Die Berliner Historikerin und Schriftstellerin Katharina Oguntoye hielt hier im Rahmen der Ausstellungs- und Veranstaltungsreihe »Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg« den Vortrag »Mut und Widerstand. Die Resilienz Schwarzer Deutscher während des NS-Regimes«.

Oguntoye beschreibt das Leben von Afrodeutschen während der NS-Zeit. Sie erzählt von Theodor Wonja Michael, der als Sohn eines Kolonialmigranten aus Kamerun in Berlin geboren wurde, bei einer Pflegefamilie aufwuchs und in sogenannten Völkerschauen auftreten musste, wo er die rassistischen Phantasien der Deutschen über das Leben in Afrika nachstellte. Eine Ausbildung durfte er nicht machen, das verboten die NS-Rassegesetze. »Ein Lehrer«, erzählt Katharina Oguntoye, »glaubte an ihn und wollte ihn privat unterrichten. Aber er war so arm, dass er kein Geld für Stifte hatte.« Seine deutsche Staatsbürgerschaft wurde ihm schließlich aberkannt. Seinen Lebensunterhalt verdiente er unter anderem, indem er in NS-Filmen mitspielte, in denen die deutsche Kolonialgeschichte glorifiziert wurde. 

Eine Ausbildung durfte Theodor Wonja Michael nicht machen, das verboten die NS-Rassegesetze. Im BND erreichte er später als erster Schwarzer den Rang eines Regierungsdirektors.

»Die Darsteller waren während der Dreharbeiten geschützt, lebten aber immer in der Angst, danach in ein Konzentrationslager verschleppt zu werden«, erklärt die Historikerin.

Etwa 2.000 Menschen afrikanischer Herkunft wurden in deutschen KZ ­ermordet, viele wurden zwangssterilisiert. Theodor Wonja Michael überlebte und machte nach dem Krieg eine außergewöhnliche Karriere: Er holte sein Abitur nach, arbeitete als Journalist und trat 1971 in den Bundesnachrichtendienst ein. Dort erreichte er als erster Schwarzer den Rang eines Regierungsdirektors.

Fasia Jansen, die nichteheliche Tochter eines deutschen Zimmermädchens und eines liberianischen Diplomaten, wurde hingegen zum Dienst in der Küche des Konzentrationslagers Neuengamme verpflichtet. Im Januar 1945 – 15 Jahre alt war sie damals – brach sie bei der Arbeit bewusstlos zusammen und wurde mit einer Herzmuskelentzündung in ein Krankenhaus eingeliefert. »Sie litt danach bis an ihr Lebensende an Herzproblemen«, sagt Oguntoye. Eine Entschädigung wurde ihr später von bundesrepublikanischen Gerichten verweigert.

Fasia Jansen trat mit Joan Baez auf

Jansen war im Hamburger Arbeiterviertel Rothenburgsort aufgewachsen. Nach Kriegsende schloss sie sich der Arbeiter- und Friedensbewegung an und trat als Musikerin bei Ostermärschen auf – einmal sogar mit Joan Baez – sowie bei Arbeitskämpfen im Ruhrgebiet, wohin sie später zog.

Marie Nejar, deren Vater aus Ghana stammte und deren Mutter eine deutsche Musikerin war, wurde 1930 in Mülheim an der Ruhr geboren. Eine Schulausbildung durfte auch sie nicht machen, sie wurde zur Zwangsarbeit in einer Fabrik verpflichtet. In dem NS-Film »Quax in Afrika« war sie an der Seite des damals bekannten Schauspielers Heinz Rühmann in einer kleinen Rolle zu sehen. Als Leila Negra machte sie später in der Bundesrepublik als Schlagersängerin Karriere, trat mit Peter Alexander und Roberto Blanco auf.

»Ich bin total deutsch, ich war weder in Afrika noch in der Karibik, wo mein Großvater geboren ist. Aber den meisten Menschen kann ich das nicht ­klarmachen. Alle sehen in mir immer das Exotische und nicht das Deutsche. Ja, das ist das Leben.« Marie Nejar

Ende der fünfziger Jahre beendete sie ihre Gesangskarriere, wurde Krankenschwester und zog nach Hamburg. Der Wochenzeitung Die Zeit sagte Nejar 2015 in einem Interview: »Ich bin total deutsch, ich war weder in Afrika noch in der Karibik, wo mein Großvater geboren ist. Aber den meisten Menschen kann ich das nicht ­klarmachen. Alle sehen in mir immer das Exotische und nicht das Deutsche. Ja, das ist das Leben.«

Noch bis zum 1. Juni findet in Köln die Reihe »Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg« mit zahlreichen Veranstaltungen und einer Ausstellung im NS-Dokumentationszentrum statt. Thematisiert wird dort der Beitrag von Soldaten aus den damaligen Kolonien am Sieg über die Achsenmächte ebenso wie die Verfolgung und Ermordung von Schwarzen in Deutschland, der rassistische Umgang der Alliierten mit ihren eigenen Soldaten oder das Schicksal der von der japanischen Armee zur Prostitution gezwungenen koreanischen Frauen.