Homestory #14/2025
Die Züge waren voll, die Straßenbahnen ebenso und die Messehallen erst recht. Menschen standen Schlange am Einlass, zur Signierstunde, vor den Toiletten. Viele trugen dabei lustige Kostüme. Ein dezenter Geruch von frischem, aber auch altem Schweiß war der ständige Begleiter an diesem Wochenende. Die Leipziger Buchmesse ist vorbei und hat einen Besucherrekord aufgestellt: 296.000 Menschen verbrachten ihr Wochenende zwischen Büchern und Cosplayern und mit der Jungle World.
Letztere hatte ihre home base in Halle 5 beim Stand vom Ça-ira-Verlag – herzlichsten Dank und liebste Grüße nach Wien und Freiburg an dieser Stelle –, direkt neben der Edition Tiamat, ganz nah bei den Verbrechern – danke für den leckeren Weißwein –, und auch der Maro-Verlag und Hentrich & Hentrich waren nicht weit. Ihre Lieblingszeitung war also umgeben von Freunden.
»Alle viel zu geschäftig, Networking auch ganz schlimm«
Die Buchmesse ist dennoch vor allem eines: Arbeit. An die 1.000 Gratisexemplare verteilen sich nicht von alleine. Dementsprechend zurückhaltend waren einige Kollegen, als es darum ging, wer nach Leipzig fahren möchte. »Messen finde ich schlimm, aber nichts ist schlimmer als eine Buchmesse«, meint ein Kollege. »Alle viel zu geschäftig, Networking auch ganz schlimm.« Außerdem hätten ihm zwei Autoren Texte abgesagt – weil sie das Wochenende auf der Leipziger Buchmesse verbrachten.
Eine andere beklagt die »Reiz- und Kontaktüberflutung sowie das Kunstlicht und die schlechte Luft« auf solchen Messen. Noch ein anderer sagt, er mochte dort bisher nur das üppige Buffet mitsamt Getränken. Die beiden Kollektivmitglieder, die in Leipzig waren, können davon nicht berichten. »Schade um die Socken, in die man Löcher läuft«, bemitleidet sie der Kollege.
Die Leipziger Buchmesse, so ein Kollege, sei wenigstens spannender als die Ärztekongresse, auf denen er Audio- und Videotechnik gemacht habe.
Und selbst Lesungen scheinen sich in der Redaktion nicht besonders großer Beliebtheit zu erfreuen. »Lesen ist etwas ganz Intimes und das mach ich lieber allein«, sagt einer unter Zustimmung anderer. Die meisten können sich darauf einigen: Die Buchmesse ist wahnsinnig anstrengend.
Aber nicht nur mit dieser Messe haben Kollektivmitglieder Erfahrung gemacht. »Ich wurde mal vom Jobcenter genötigt, zu einer Jobmesse zu gehen«, berichtet eine Kollegin. »Das war exakt so fürchterlich, wie man es sich vorstellt. Lauter arme Menschen, die bullshit jobs anpreisen müssen.« Lange habe sie sich dort nicht aufgehalten.
Messebesuch und Arbeit – das kennen offenbar einige Kollektivmitglieder. Eine berichtete für die Jungle World von der Sexmesse »Venus«. Ein anderer arbeitete auf der »Grünen Woche« in Berlin. Immerhin habe er sich da am Ende des Tages die Taschen mit Lebensmitteln vollstopfen können, erinnert er sich.
Die Leipziger Buchmesse, ergänzt ein Kollege, sei wenigstens spannender als die Ärztekongresse, auf denen er Audio- und Videotechnik gemacht habe. Mal schauen, wer im kommenden Jahr in Leipzig die Jungle World würdig vertritt. Irgendwer muss ja.