10.04.2025
Die Mühen der Elternschaft tragen vor allem Frauen

Ihr habt alle gefickt

Ein Kind wurde geboren. Wie wird die Lohnarbeit künftig organisiert? Wer nimmt sich Elternzeit? Wer steigt wann wieder in den Beruf ein? Wessen Gehalt ist vielleicht sogar verzichtbar?

Egal ob Verhütungsunfall oder Wunschkind, wer ein Kind zur Welt bringt, merkt schnell, dass so ein Würmchen viel Arbeit macht. Neben der Frage, wie sich die Care-Arbeit nach der Geburt eines Kindes aufteilt, stellt sich auch die, wie die Lohnarbeit künftig organisiert wird, ziemlich schnell. Wer nimmt sich Elternzeit? Wer steigt wann wieder in den Beruf ein? Wessen Gehalt ist vielleicht sogar verzichtbar?

Mütter arbeiten hierzulande viermal häufiger in Teilzeit als kinderlose Frauen. Längst nicht immer können sie nach der Elternzeit an ihren vormaligen Arbeitsplatz zurückzukehren. Und sie nehmen auch deutlich mehr Elternzeit (durchschnittlich 11,6 Monate) als Väter (durchschnittlich 2,8 Monate). Die Folgen sind krass: Unter 30jährige Mütter verdienen nach der Elternzeit im Durchschnitt 70 bis 80 Prozent weniger als gleichalte Väter.

Das Ganze fühlt sich wie eine Bestrafung für Frauen an, und deswegen heißt es in der Sozialwissenschaft auch so: Child Penalty!

Bei kinderlosen Personen im selben Alter liegt der Lohnunterschied bei weniger als fünf Prozent. Da sich das auch auf die Rentenansprüche auswirkt, ist die Altersarmut von Müttern so programmiert. Männer wiederum haben durch ­Elternschaft auf dem Arbeitsmarkt keine Nachteile – im Gegenteil. Sie verdienen sogar mehr oder werden eher eingestellt, nachdem sie Väter wurden, zeigt eine eben erschienene Studie.

Und weil sich das Ganze wie eine Bestrafung für Frauen anfühlt, heißt es in der Sozialwissenschaft auch so: Child Penalty! Diese geschlechtsspezifische Art der Strafe unterstützt der Staat seit den Fünfzigern auch noch mit einem Steuernachlass. Das sogenannte Ehegattensplitting subventioniert ein Familienmodell, bei dem ein Partner – meist die Frau – nach der Geburt des Kindes nur in Teilzeit oder gar nicht auf den Arbeitsmarkt zurückkehrt.

Denn das gesamte zu versteuernde Einkommen der beiden Partner wird halbiert, die dafür fällige Einkommensteuer berechnet und die Steuerschuld anschließend verdoppelt. Es wird also so gerechnet, als würde jeder der beiden Partner genau die Hälfte des gemeinsamen Einkommens beziehen.

Nicht alle tragen die gleichen Konsequenzen

Zwar gab es in der Vergangenheit immer wieder Versuche, das Thema anzugehen, geändert hat sich bislang allerdings nichts. Die Union hält am Ehegattensplitting fest, die SPD will hingegen ein sogenanntes Familiensplitting einführen.

Und auch in den Gesprächen der Arbeitsgruppe 5 – Arbeit und Soziales –, die den Koalitionsverhandlungen vorausgingen, wurde das Thema nicht behandelt. Im Sondierungspapier der AG heißt es lediglich, man wolle Frauenerwerbsarbeit stärken, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Natürlich sind Steuern und Gesetze auch nicht die einzige Stellschrauben, wenn es um Geschlechtergerechtigkeit geht. Aber eine Regierung, die sich eine Kleinfamilie wie zu Adenauers Zeiten als Norm vorstellt, wird sicher nicht dafür sorgen. Und der Skandal bleibt ja: Ihr habt alle gefickt, aber tragt nicht alle die gleichen Konsequenzen.

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