Die Polizeiknüppel des Palastes
Istanbul. Es waren kämpferische Worte. Die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan, geführt von seiner islamisch-konservativen Partei für Gerechtigkeit und Fortschritt (AKP), sei nichts weiter als eine durch Wahlen legitimierte Junta, sagte der Vorsitzende der oppositionellen Republikanischen Volkspartei (CHP), Özgür Özel, auf dem außerordentlichen Parteitag in der türkischen Hauptstadt Ankara am 6. April. Diese Regierung werde nicht mehr durch Institutionen kontrolliert, sondern von einem Palast aus gelenkt. »Aber die Straßen, die Plätze, spiegeln den Willen des Volkes und der Nation wider, sie stehen hinter uns«, rief Özel aus.
Tatsächlich kommt es seit Wochen landesweit zu Massenprotesten aufgrund der gegen die CHP gerichteten Repression. Am 19. März war der der Partei angehörende Oberbürgermeister von Istanbul, Ekrem İmamoğlu, wegen angeblicher Korruption und Unterstützung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zusammen mit über 100 weiteren Personen aus dem Umfeld der CHP festgenommen und kurz darauf seines Amtes enthoben worden. İmamoğlu galt als aussichtsreichster Kontrahent von Erdoğan bei der nächsten Präsidentschaftswahl, die regulär 2028 ansteht. Nun darf er nicht mehr kandidieren, weil ihm kurz vor seiner Verhaftung auch sein Universitätsdiplom entzogen wurde. Ein Universitätsabschluss ist in der Türkei Voraussetzung, um Präsident zu werden.
Der CHP-Abgeordnete und Menschenrechtsanwalt Sezgin Tanrıkulu äußerte sich nach einem Besuch im berüchtigten Gefängnis Silivri schockiert über das Ausmaß an Gewalt gegen Demonstrant:innen.
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