»Der Buchladen sollte ›Aspirin‹ heißen«
Wie seid ihr denn zum »Jos Fritz« gekommen? Ihr macht das ja schon länger und offenbar mit Leidenschaft?
Heidi: Mit großer Leidenschaft. Ich habe nach der Schule eine Ausbildung bei einer Buchhandlung in Tübingen gemacht. Es war eine sehr bürgerliche Buchhandlung. Nach der Ausbildung war dann auch Schluss. Ich habe dann in alternativen Buchläden gearbeitet, bei »Die Gruppe« in Tübingen und in Frankfurt in einem alternativen Kinderbuchladen. 1990 bin ich nach Freiburg gekommen, habe beim »Jos Fritz« gefragt und bin genommen worden.
Tina: Ich habe 1991 eine Ausbildung beim »Jos Fritz« gemacht, ich hatte bei der Taxi-Gemeinschaft gearbeitet und die hatten neben dem »Jos Fritz« ihre Zentrale. Ich bin dann immer nach Feierabend durch den Buchladen gegangen, habe mir Bücher angesehen und auch welche gekauft. Und irgendwann habe ich gemerkt, ich kann nicht das ganze Leben Taxi fahren, und da habe dann einfach im Buchladen gefragt, ob ich da vielleicht eine Ausbildung machen kann, und es hat geklappt.
»Aus der linken Sponti-Szene gab es eine Gruppe, die wollte einen Buchladen gründen, der undogmatisch sein, also nicht so eine Einheitslinie vertreten sollte wie der KBW.« Heidemarie Schlenk, Buchladen »Jos Fritz«
Auch wenn ihr nicht von Anfang dabei gewesen seid, könnt ihr sicher erzählen, wie es zur Gründung des Buchladens kam?
H: In Freiburg gab es den Buchladen »Libro Libre« des Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW). Dann hat das Zentralkomitee des KBW beschlossen, alle Buchläden zuzumachen und Bücher nur noch an Büchertischen an der Mensa zu verkaufen. Dadurch entstand eine Lücke. Gleichzeitig gab es aus der linken Sponti-Szene eine Gruppe, die wollte einen Buchladen gründen, der undogmatisch sein, also nicht so eine Einheitslinie vertreten sollte wie der KBW. Die haben dann 42 Gesellschafter:innen gefunden, die eine kleine Einlage gemacht haben für die GmbH; und eine Gruppe von Buchhändler:innen hat dann den Laden betrieben. Vielleicht könnte man noch die Anekdoten zur Namensfindung erzählen?
Gerne.
H: Eigentlich sollte der Buchladen »Aspirin« heißen nach einem damals schon existierenden Kino. Doch dann kam ein Brief von der Firma Bayer, dass sie sich den Gebrauch dieses Wortes für einen linken Buchladen verbitten. Ein damaliger Kollege, Edwin Ganter, der zum Bauernkrieg geforscht hatte und auch speziell zur Person des Jos Fritz, kam auf die Idee, diesen Namen zu benutzen. Jos Fritz war ja auch hier in der Gegend aktiv und das passte perfekt zu der Widerstandsbewegung gegen das Atomkraftwerk Wyhl, die ja zum Teil auch aus Bäuerinnen und Bauern bestand.
Worin besteht der Unterschied zu anderen Buchläden, wo ich auch Bücher mit kritischem, linkem Inhalt bestellen kann?
H: Es gibt zwei große Unterschiede. Das eine ist das Sortiment, das andere, dass wir alle gleichberechtigt zusammenarbeiten.
T: Ja, so würde ich das auch sehen. Bei einem anderen Buchladen kann man auch Bücher der Edition Nautilus bestellen, wir haben sie vorrätig, da kann man sie anschauen. Und wir pflegen auch kleine, unabhängige Verlage. Und es kommen ja auch immer sehr viele junge Kund:innen und fragen nach Büchern und da kann es schon mal sein, dass wir die dann nicht kennen. So informiert man sich immer gegenseitig.