Jungle+ Artikel 17.04.2025
Der Hungerstreik von Angeklagten im tunesischen Mammutprozess wegen Verschwörung gegen die Staatssicherheit

Pseudoverschwörung vor Gericht

Rund 40 Menschen müssen sich wegen Verschwörung gegen die Staatssicherheit im von Präsident Kaïs Saïed autoritär regierten Tunesien vor Gericht verantworten. Einige befinden sich bereits im Hungerstreik.

Paris. Es soll ein Mammutprozess der tunesischen Machthaber gegen die Opposition unterschiedlichster Provenienz werden, ein Rundumschlag gewissermaßen. Ursprünglich hätte das Verfahren am 5. März eröffnet werden sollen. Nur genehme Medienvertreter hätten den Gerichtssaal betreten dürfen – und unter Ausschluss der Angeklagten, die lediglich von der Zelle aus auf Videobildschirmen hätten zu Wort kommen sollen. Vehemente Proteste ihrer An­gehörigen im Saal verhinderten das im März zunächst. Die Strafkammer des erstinstanzlichen Gerichts von Tunis beschloss eine Verschiebung um fünf Wochen.

Rund 40 Menschen sollen angeklagt werden, sich gegen die Sicherheit des Staats unter dem 2019 erstmals gewählten und seit Juli 2021 autoritär regierenden Präsidenten Kaïs Saïed verschworen zu haben; 2021 entließ er die Regierung und suspendierte das Parlament. Der Prozess richtet sich gegen Oppositionspolitiker aus unterschiedlichen Lagern, die abgesehen von ihrer Kritik an Saïed herzlich wenig miteinander gemein haben.

Zu ihnen zählen der »Demokratieaktivist« Khayam Turki, der aus der sozialdemokratischen Partei Ettakatol stammt, die von 2011 bis 2014 mitregiert hatte und die er 2015 verließ; Führungsmitglieder der von 2011 bis 2019 an leitender Stelle in verschiedenen Koalitionen mitregierenden islamistischen Partei al-Nahda wie Abdelhamid Jelassi; der zur Linken zählende Verfassungsjurist Jaouhar Ben Mbarek; oder der mit der früheren Ben-Ali-Diktatur verbandelte Geschäftsmann Kamel ­Eltaïef. Auch Journalisten und Anwälte wie Ghazi Chaouachi und Ridha Belhaj befinden sich unter den der Verschwörung Beschuldigten.

Vorgeworfen wird manchen Angeklagten unter anderem, sich mit dem französischen Schriftsteller Bernard-Henri Lévy verschworen zu haben; auch dieser ist in dem Prozess angeklagt.

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