Juden unerwünscht
Wer sich heute in Italien antifaschistisch nennen darf, ist jedes Jahr vor dem 25. April aufs Neue Gegenstand kontroverser Debatten. Der Tag ist dem Gedenken an die Befreiung Italiens vom Faschismus gewidmet. Seit dem Wahlsieg der postfaschistischen Partei Fratelli d’Italia unter der heutigen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni im Jahr 2022 hat sich die Diskussion weiter zugespitzt.
Während linke Parlamentarier von der Regierung ein klares Bekenntnis zum Antifaschismus fordern, der in Italien als Staatsräson gilt, sorgt die Teilnahme einer kleinen Gruppe bei den Gedenkveranstaltungen seit Jahren für Spannungen – vor allem innerhalb der radikalen Linken: Es geht um die Jüdische Brigade, die Brigata Ebraica.
Die Brigade war eine militärische Einheit aus dem Mandatsgebiet Palästina, die unter britischem Oberbefehl in Europa gegen die Wehrmacht kämpfte. Sie bestand aus rund 5.000 Freiwilligen. Die meisten Kämpfer kamen aus der Haganah, der jüdischen Untergrundorganisation, aber auch Juden aus dem britischen Commonwealth schlossen sich an. Ihr Kommandeur, der Brigadegeneral Ernest Frank Benjamin, war Kanadier.
»Wir leiden jeden Tag unter Antisemitismus. Es ist sinnlos, einmal im Jahr toter Juden zu gedenken und die lebenden nicht zu verteidigen.« Walker Meghnagi, Sprecher der Jüdischen Gemeinde Mailand
Die Jüdische Brigade gründete sich im September 1944, als das ganze Ausmaß der Shoah deutlich wurde. Italien war damals ein geteiltes Land. Nach der Landung alliierter Truppen auf Sizilien und dem Waffenstillstand von Cassibile im September 1943 zwischen dem Königreich Italien und den USA sowie Großbritannien stand Süditalien unter Kontrolle der Alliierten, während deutsche Truppen den Norden und die Mitte des Landes besetzten. Die Jüdische Brigade wurde an der Front, entlang der sogenannten Gotenstellung, in Mittelitalien eingesetzt – an der Seite der Alliierten und der italienischen Partisanen.
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