Jungle+ Artikel 24.04.2025
Neugestaltung des Antifaschismus – zum Jahrestag der Befreiung Italiens vom Faschismus veröffentlicht Antonio Scurati den letzten Teil seines fünfbändigen Mussolini-Romans

Finito, Benito

Der abschließende fünfte Band der von Antonio Scurati geschriebenen Romanreihe »M.« erscheint ­pünktlich zum 80. Jahrestag der Befreiung Italiens vom Faschismus. Das »M« steht für Mussolini, dessen Leben Scurati detailreich und elegant nacherzählt. Die Bücher erfreuen sich in Italien größter Beliebtheit – und geben Anlass zu Kontroversen.

»Ob es Antonio Scurati gefällt oder nicht – ich werde niemals ein Krieger sein, der sein Leben riskiert und andere Leben nimmt«, schrieb Simone Perotti mit etwas spöttischem Ton in der linksliberalen Tageszeitung Il Fatto Quotidiano vom 12. März. Perotti, der seit seinem Wandel vom Unternehmensberater zum »schreibenden Segler« (Bayerischer Rundfunk) gerne als politisches Gewissen der italienischen Linken auftritt, po­sitionierte sich in seinem Meinungskommentar in Abgrenzung zum ­Romanautor Scurati als kompromiss­loser Pazifist, der sich allgemeiner Kriegsbegeisterung in Italien widersetze.

Anlass der Polemik war ein Artikel in La Repubblica vom 4. März 2025, in dem Scurati unter dem Titel »Wo sind nun die Krieger Europas?« die Frage nach der Verteidigungsfähigkeit der EU aufwarf und vor der Wehrlosigkeit gegenüber der russischen Aggression warnte. Auf einer von dem linken Journalisten Michele Serra initiierten Kundgebung, bei der sich am 15. März über 30.000 Menschen auf der Piazza del Popolo in Rom versammelten, fasste Scurati seine Haltung zum Krieg zusammen: »Den Krieg abzulehnen, bedeutet nicht, sich zu ergeben, untätig zu sein oder zu resignieren, und es bedeutet nicht, feige zu sein.«

Besonderen Ärger zieht Scurati in dieser Kontroverse auf sich, weil Teile der italienischen Linken von dem Autor wohl andere politische Schlüsse erwarten hätten. Seinen ­Essay in La Repubblica beendet Scurati mit dem Satz: »Der antifaschis­tische Widerstand erinnert uns daran, warum wir den Krieg ablehnen, lehrt uns aber auch, warum wir uns, wenn nötig, auf ihn vorbereiten müssen.« Dass er aus seiner intensiven Auseinandersetzung mit dem Faschismus keine radikalpazifistische Haltung, sondern die Forderung nach militärischer Wehrhaftigkeit ableitet, scheint für den friedensbewegten Teil der italienischen Linken unbegreiflich zu sein.

Noch kein Abonnement?

Um diesen Inhalt zu lesen, wird ein Online-Abo benötigt::