01.05.2025
Beim thüringischen Landesparteitag des BSW konnte sich Katja Wolf durchsetzen

Wolf bleibt ungezähmt

Es war eine klare Niederlage für Sahra Wagenknecht: Katja Wolf bleibt BSW-Landesvorsitzende in Thüringen. Die Konflikte in der Partei dürften anhalten.

Sahra Wagenknecht hat eine klare Niederlage im Machtkampf mit Katja Wolf eingesteckt. Am Samstag fand in Gera der Thüringer Landesparteitag des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) statt: Dort wurde Wolf mit fast zwei Dritteln der Stimmen als Co-Landesvorsitzende wiedergewählt.

Ganz offen hatten die BSW-Bundesvorsitzende Wagenknecht und ihre Getreuen versucht, Wolfs Wiederwahl und die ihres bisherigen Co-Vorsitzenden, Steffen Schütz, zu hintertreiben. Auch der Generalsekretär der Bundespartei, Christian Leye, hatte Wolfs Gegenkandidatin, die Landtagsabgeordnete Anke Wirsing, unterstützt, neben der Matthias Bickel für den Co-Vorsitz kandidierte.

Bis zuletzt kämpften und taktierten beide Seiten. Ein Argument des Wagenknecht-Lagers war, dass Regierungs- und Parteiämter getrennt werden sollten: Wolf ist in Thüringen Finanzministerin und Schütz Infrastrukturminister. Leye warf Wolf vor, dass sie erst Neuwahlen versprochen, dann aber den Landesvorsitz nicht habe loslassen wollen.

Bei dem innerparteilichen Zwist geht es nicht um die nationalistische und migrationsfeindliche Haltung des BSW.

Kurz vor dem Parteitag zog Schütz seine Kandidatur zurück. Er kritisierte die Bundesführung dabei scharf. Dass man auf Wolf »verzichten will, weil man sich vermeintlich Andersdenkender elegant entledigen möchte, ist für mich völlig inakzeptabel«, teilte er mit.

An seiner statt trat der Geiger Gernot Süßmuth von der Staatskapelle Weimar an, der sich als politischen Amateur bezeichnet. Gegen ihn lief der Vorwurf der Ämterhäufung ins Leere. Das Tandem Wolf–Süßmuth konnte sich als ideale Kombination von Erfahrung und Basisnähe präsentieren. Süßmuth erhielt 63 Stimmen, zwei mehr als Wolf.

Wagenknecht kam nicht zum Landesparteitag in Thüringen, der Generalsekretär Leye vertrat den Bundesvorstand. Er behauptete in seiner Rede, Wähler:innen hätten wegen der Regierungsbeteiligung in dem Bundesland das Vertrauen in die Partei verloren. Um dieses zurückzugewinnen, sollten Regierung und Partei getrennt werden. Wolf verteidigte dagegen in ihrer Bewerbungsrede die Koalition mit CDU und SPD. Ihre Herausforderin Wirsing gab eine schwache Vorstellung. Sie zitierte ausführlich die große Vorsitzende, zeigte aber wenig eigenes Profil.

Wolf sitzt fest im Sattel

Eigenen Angaben zufolge verfügt das BSW in Thüringen über rund 130 Mitglieder, von denen etwa 100 anwesend waren. Wolf bekam 61 Stimmen, Wirsing nur 35. Die Kandidaten, die sich gemeinsam mit ihr als ein Team präsentiert hatten, strichen danach die Segel: Bickel zog seine Kandidatur für den Co-Vorsitz zurück, Robert Henning bewarb sich nicht mehr um das Amt des Geschäftsführers.

Die Gruppe um Wolf sitzt damit fest im Sattel und hat eine satte Mehrheit im Landesverband. Das passt allerdings nicht so recht zu dem Vorwurf, den Wolfs Anhänger an Wagenknecht und die Bundesführung gerichtet hatten, nämlich dass diese den Umstand ausgenutzt habe, allein über die Aufnahme neuer Mitglieder entscheiden zu können, indem sie in Thüringen vor allem Wagenknecht-Loyalisten aufgenommen habe. Entweder hat die Führung darauf verzichtet, auf diesem Weg in Thüringen für genehme Mehrheiten zu sorgen, was schwer vorstellbar ist, oder sie hat sich dabei dilettantisch angestellt.

Dass in der Partei nun Ruhe einkehrt, darf bezweifelt werden. Leye machte nach dem Parteitag deutlich, dass Wolf weiterhin als Sündenbock herhalten muss: Der neue Landesvorstand müsse nun »liefern«, das Vertrauen von potentiellen Wählern zurückgewinnen, den Parteiaufbau voranbringen und die Regierungsarbeit kritisch begleiten.

Bundespolitische Tragweite

Bei dem innerparteilichen Zwist geht es nicht um die nationalistische und migrationsfeindliche Haltung des BSW. Ebenso wenig dreht sich der Streit um die Kooperation mit der AfD, für die sich Wagenknecht und mehrere BSW-Abgeordnete im Bundestag entschieden hatten, als sie kurz vor der Bundestagswahl für eine Verschärfung des Asylrechts stimmten. Vielmehr hatte Wagenknecht die Koalition in Thüringen mit CDU und SPD verhindern wollen, um das Anti-Establishment-Image ihrer Partei zu wahren. Doch Wolf hatte sich durchgesetzt.

Nachdem das BSW bei der Bundestagswahl knapp an der Fünfprozenthürde gescheitert war, schob der Wagenknecht-Flügel die Schuld auf die Wolf-Gruppe und die thüringische Koalition. Das ist mindestens einseitig, schon weil die Partei in sämtlichen ostdeutschen Bundesländern im Vergleich zur Europawahl im Juni und zu den Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen im Herbst Stimmen verloren hat.

Der Konflikt im BSW hat eine bundespolitische Tragweite. Die Regierungskoalition in Thüringen ist jetzt schon eine Minderheitsregierung, die sich für Gesetzesvorhaben bei der Linkspartei Stimmen besorgen muss. Hätte das BSW die Koalition verlassen – was nach Wolfs Sieg freilich unwahrscheinlicher geworden ist –, wäre eine Neuwahl wahrscheinlich gewesen. Bei einer solchen wäre nicht auszuschließen, dass die AfD die Mehrheit der Sitze erringt. Auf jeden Fall würde die CDU Stimmen verlieren. Das würde wohl unweigerlich diejenigen bei den Christdemokraten stärken, welche die faschistische AfD als »normal« behandeln, also mit ihr kooperieren wollen.