08.05.2025
Über »Spring Board: The Early Unrecorded Songs« von The Chills

Keine Leichenfledderei

Mit »Spring Board. The Early Unrecorded Songs« ist jetzt ein Album von The Chills erschienen, das Martin Phillipps, der 2024 verstorbene Sänger und Gitarrist der Dunedin-Sound-Band noch selbst auf Grundlage alter, unveröffentlichter Songideen und Tapes aufzunehmen begonnen hatte.

Im vergangenen Sommer starb Martin Phillipps, Sänger und Gitarrist von The Chills, deren einziges festes Mitglied er war. Die 1980 gegründete neuseeländische Band prägte den Dunedin Sound, einen wichtigen Vorläufer des Indie-Rock, benannt nach der gleichnamigen Stadt auf der Insel.

Die dortigen Bands fanden sich in einer doppelten Abgeschiedenheit wieder: Zum einen saßen sie auf einer Insel umspült vom Pazifik fest, zum anderen standen sie im Schatten des deutlich größeren Christchurch. Unter diesen Bedingungen formierte sich um das Label Flying Nun Records eine sehr eigenständige Musikszene, die den DIY-Ethos des Punk mit einer sehr speziellen, häufig melancholischen Mischung aus Post-Punk und Sixties-Rock verband, in­spiriert durch The Byrds und The Velvet Underground. Es entstanden eine Reihe kleiner großer Bands wie The Clean und The Verlaines, aber auch weniger bekannte und trotzdem entdeckenswerte wie The Great Unwashed oder The Stones. Auch The Chills nahmen hier ihren Anfang und erlangten internationale Aufmerksamkeit, nicht zuletzt mit der unbeschreiblichen Single »Pink Frost«.

Die Songs verströmen die typische Wärme und Verletzlichkeit, die The Chills schon immer ausgezeichnet haben.

Mit »Spring Board. The Early Unrecorded Songs« ist nun ein Album erschienen, das Phillipps noch selbst auf Grundlage alter, unveröffentlichter Songideen und Tapes aufzunehmen begonnen hatte und das in den vergangenen Monaten von den übrigen Bandmitgliedern und einigen Gastmusikern fertiggestellt wurde.

Glücklicherweise handelt es sich hier nicht um ein Projekt der industrietypischen Leichenfledderei. Die Songs verströmen die typische Wärme und Verletzlichkeit, die The Chills schon immer ausgezeichnet haben. Retro-Orgelsound und teils folkige, teils treibende Gitarren, hypnotischer Indie und Texte, die Melancholie und Hoffnung miteinander verbinden, in ihrer Subjektivität aber nie langweilen. So ist das Album sowohl für Fans als auch für neue Hörerinnen und Hörer sehr zu empfehlen – ein Album, das den Verlust von Martin Phillipps schmerzhaft spüren lässt.


Albumcover

The Chills: Spring Board – The Early ­Unrecorded Songs (Fire Records)