Die Erfindung der Freiheit
Die Stimmung war gedrückt unter den Aufständischen, viele zweifelten. Ihr mit einer Wagenburg provisorisch befestigtes Lager war umstellt. Am Tag zuvor hatten sie drei Angriffe abwehren können, doch jüngst hatte das Fürstenheer Verstärkung erhalten hatten. Sollte man womöglich doch der Forderung nachkommen, Thomas Müntzer auszuliefern, um weitgehende Straffreiheit zu erlangen? Man hatte einen dreistündigen Waffenstillstand vereinbart, um darüber zu entscheiden.
Debattiert wurde »im Ring«, der Vollversammlung der Aufständischen. Thomas Müntzer predigte ein letztes Mal, seine Auslieferung wurde abgelehnt – und er hatte das Glück, dass am Himmel ein Zeichen erschien. Kein Regenbogen zwar, aber ein durch Eiskristalle in dessen Farben entstandener Halo-Lichteffekt rund um die Sonne. Der Regenbogen auf weißem Grund mit den Worten »verbum domini maneat in etternum« (»das Wort des Herrn bleibe in Ewigkeit«) und auf Deutsch »das ist das Zeichen des ewigen Bundes Gottes« war die Fahne des Aufstands.
Doch als das Fürstenheer vor Ablauf des Waffenstillstands überraschend angriff, gab es kaum Gegenwehr. Die meisten der Aufständischen, etwa 6.000, wurden getötet, und viele jener, die zunächst davongekommen waren wie Müntzer, später aufgespürt und hingerichtet. Das Fürstenheer verlor angeblich nur sechs Männer.
In den Aufstandsgebieten beteiligten sich neueren Schätzungen zufolge etwa zwei Drittel der männlichen Bevölkerung an der Bildung der »Haufen«, der Bauernheere.
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