Mehr als sonst
»Heute sind wir mehr als sonst«, meinte Wasser von der Berliner Antifa Gruppe »Never Again« zur Jungle World. Etwa 30 Personen folgten dem Aufruf seiner Gruppe zum Gegenprotest am vergangenen Mittwoch zum Südstern. Ihnen gegenüber: etwa 1.100 Personen, die anlässlich des Nakba-Tags, der jedes Jahr am 15. Mai an die Flucht Hunderttausender Palästinenserinnen und Palästinensern infolge des ersten arabischen Kriegs gegen Israel von 1948 erinnert, zusammenkamen, um, so der Aufruf des Bündnisses »Nakba 77«, »gegen den Genozid, für ein freies Palästina, für den unerschütterlichen Widerstand, für das Recht auf Rückkehr und für die vollständige Befreiung« zu »kämpfen«.
Eigentlich plante das Bündnis, vom Südstern in die Sonnenallee zu ziehen, was die Berliner Polizei aufgrund von Tumulten bei vergangenen antizionistischen Aufzügen allerdings verbot. Das wollten die Veranstalterinnen und Veranstalter nicht hinnehmen und richteten sich mit einem Eilantrag zunächst erfolgreich an das Berliner Verwaltungsgericht, das das Verbot kurzfristig aufhob. Dagegen legte die Polizei Beschwerde ein und das Oberverwaltungsgericht Berlin setzte das Verbot wieder in Kraft. Aus dem eigentlich geplanten Demonstrationszug wurde eine ortsgebundene Kundgebung.
Der Aufzug am sogenannten Nakba-Tag in Berlin, so ein Redner des antifaschistischen Gegenprotests, sei »nie ein Ort der Trauer oder des Gedenkens« gewesen. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gehe es vielmehr darum, »die Stadt in eine antisemitische Angstzone« zu verwandeln.
Der Aufzug am sogenannten Nakba-Tag in Berlin, so ein Redner des antifaschistischen Gegenprotests, sei »nie ein Ort der Trauer oder des Gedenkens« gewesen. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gehe es vielmehr darum, »die Stadt in eine antisemitische Angstzone« zu verwandeln. Es war nicht der einzige Redebeitrag auf der israelsolidarischen Gegenkundgebung. Die meisten waren allerdings kaum zu verstehen. Zu laut waren die Sprechchöre von der anderen Seite des Platzes: »Viva, viva Palästina« oder der stakkatoartige Ruf nach »Revolution« waren von dort zu hören.
Den Blick auf die Nakba-Kundgebung verdeckten immer wieder Regenschirme, die die Gegenkundgebung vor aufdringlichen Abfilmversuchen schützten. Denn die Antizionistinnen und Antizionisten hatten offenbar ein großes Interesse an den Antifaschistinnen und Antifaschisten, die sie wiederholt aus nächster Nähe abzulichten versuchten. Beim Gegenprotest von »Never Again« schien man bereits damit gerechnet zu haben, dementsprechend vermummt waren die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer und die Polizei ließ dies widerspruchslos zu.
»Antisemitische Opfermythen« entgegentreten
Nach Angaben der Polizei wurde ein Beamter, als er in die Menge der Nakba-Kundgebung ging, um Personen festzunehmen, gezielt angegriffen, wobei er sich einen Arm brach. Die Taz hat sich zwei Videos des Vorfalls angesehen, konnte dort aber keine Hinweise auf einen gezielten Angriff erkennen. Berichten zufolge sind noch elf weitere Polizistinnen und Polizisten verletzt worden, aber auch Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Nakba-Kundgebung.
Zwar waren es nicht viele, die dem antizionistischen Treiben die Stirn boten, aber die blieben standhaft. Man wolle »antisemitische Opfermythen im Gewand von propalästinensischem Aktivismus« entgegentreten, ihnen »nicht widerspruchslos die Straße überlassen«, sagte Josephine von »Never Again« im Gespräch mit der Jungle World. Dass in Berlin nicht mehr Menschen zur Gegenkundgebung kamen, gibt allerdings zu denken.