Vom Hegemon zum Erpresser
Was will Donald Trump? Das dürften sich nicht nur die EU-Vertreter fragen, die derzeit mit den USA über ein neues Handelsabkommen verhandeln. Seit dem sogenannten Liberation Day Anfang April, an dem der US-Präsident Zölle in Höhe von bis zu 50 Prozent auf Importe aus fast 60 Staaten ankündigte, die er bald wieder temporär reduzierte, ändern sich Zollsätze und Ausnahmeregelungen nahezu im Wochenrhythmus. Nach wie vor sind Basiszölle von zehn Prozent auf nahezu alle US-Importe in Kraft, 25 Prozent auf Stahl, Aluminium und Autos, und Trump bedroht zahlreiche Länder mit noch höheren Sätzen. Im Fall der EU-Staaten sind es Zölle in Höhe von 20 Prozent, die wieder in Kraft treten sollen, wenn es kein Handelsabkommen gibt, für China hat Trump einen Strafzoll von 145 Prozent ausgesetzt.
Für die EU kommt erschwerend hinzu, dass sie gleichzeitig mit Trump über seine Ukraine-Politik verhandelt, während dieser in einem Interview Anfang Mai nicht einmal ausschloss, Grönland den USA zur Not auch mit militärischen Mitteln einzuverleiben. Immerhin: Kanada mit Gewalt zu annektieren, »kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen«, sagte Trump im selben Gespräch.
Die Transnationalisierung der Waren- und Geldkapitalströme verwandelt sich in den Phantasmen der Trumpisten in ein antiamerikanisches Projekt Chinas und der EU.
Wenn es um die außenpolitischen Konsequenzen der Trump’schen »America First«-Politik geht, fallen regelmäßig zwei Stichworte: Rückkehr zum Imperialismus und zum Isolationismus. Die beiden Begriffe bezeichnen offensichtlich Gegensätzliches. Imperialismus meint direkte oder indirekte Unterwerfung fremder Territorien und Bevölkerungen. Isolationismus steht dagegen für den Drang, das Schicksal des eigenen Landes von dem der übrigen Welt zu entkoppeln.
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