29.05.2025
Wer den Mord an den Mitarbeitern der israelischen US-Botschaft feiert

Aus Solidarität morden

In den USA hat ein linker Aktivist ein Paar erschossen, das für die israelische Botschaft in den USA arbeitete. Viele der Social-Media-Accounts, mit denen er wohl in Kontakt stand, äußerten Freude über die Morde.

Niemand dürfte erwartet haben, dass die Morde an Sarah Lynn Milgrim und Yaron Lischinsky, Mitarbeitern der israelischen US-Botschaft, am Mittwoch vergangener Woche vor dem in der Nähe des Kapitols gelegenen Capital Jewish Museum in Washington, D.C., zu Selbstkritik in der antiisraelischen Szene führen würden. Gleichwohl ist es überraschend, wie begeistert der geständige Verdächtige Elias Rodriguez, der am Tag nach seinem Anschlag wegen zweifachen Mordes angeklagt wurde, umgehend gefeiert wurde. Die antiimperialistische Gruppe Bronx Anti-War Coalition postete beispielsweise: »Was Elias getan hat, ist der höchste Ausdruck des Antizionismus.« Das war als Lob gemeint.

Aus der Strafanzeige und den darin enthaltenen Augenzeugenberichten geht hervor, wie zielgerichtet Rodriguez mordete. Als seine beiden Opfer schon schwerverletzt auf dem Boden lagen, trat er noch einmal an sie heran und feuerte aus kürzester Distanz weitere Schüsse auf sie ab. Danach entsorgte er seine Waffe, setzte sich in der Lobby des Museums auf eine Bank und verlangte, dass die Polizei gerufen werde. Erst als er begann, die üblichen Hamas- und Intifada-Parolen zu skandieren, dämmerte es den Umstehenden, dass er kein interessierter Besucher der Veranstaltung gewesen war. Rodriguez ließ sich widerstandslos festnehmen. »Ich habe es für Palästina getan, ich habe es für Gaza getan«, sagte er und betonte, unbewaffnet zu sein.

Der X-Account des Täters spiegelt das, was westliche Hamas-Fans seit Jahren in den sozialen Medien treiben: Verbreitung von Terrorpropaganda, gezielte Trollereien, gegen »Zionazis« gerichtete Beleidigungen.

Drei Stunden zuvor hatte er sich eine Eintrittskarte zu der Veranstaltung des American Jewish Congress im Museum besorgt. Der Veranstaltungsort wurde dem Publikum erst nach der Anmeldung bekanntgegeben, wie und wo Ro­driguez von dem Termin erfahren hatte, ist noch nicht bekannt. Auch ob er bereits mit dem Ziel aus Chicago angereist war, Juden zu ermorden, ist unklar. Rodriguez sagte den Ermittlern, dass er eine Tagung der Osteopathischen Fachvereinigung hatte besuchen wollen, die am Tattag stattfanden. Allerdings hatte er seine legal erworbene Waffe im Gepäck. Für ein gewisses Maß an Planung spricht das letzte Posting auf einem ihm zugeordneten X-Account, das kurz vor der Tat unter dem Titel »Escalate for Gaza, Bring the War Home« veröffentlicht worden war und aus Screenshots eines Manifests mit 900 Wörtern besteht.

Der Account spiegelt das, was westliche Hamas-Fans nun schon seit Jahren in den sozialen Medien treiben: Verbreitung von Terrorpropaganda, gezielte Trollereien, gegen »Zionazis«, also Juden und Jüdinnen, gerichtete Beleidigungen.

Dass es sich bei Rodriguez um einen Linken handelt, wurde nicht geleugnet. Das liegt nicht etwa daran, dass die Beweise für sein politisches Wirken unter anderem bei der Bewegung Black Lives Matter und in der Party for Socialism and Liberation (PSL) ohnehin viel zu deutlich waren. Vielmehr scheint man stolz zu sein auf den jungen Mann, der den Ermittlern zufolge angab, sich seit elf Jahren mit der Situation der Palästinenser zu beschäftigen. Als sein Vorbild nannte er Aaron Bushnell, einen US-Soldaten, der sich im Februar 2024 aus Protest gegen den Gaza-Krieg vor der israelischen Botschaft in Washington selbst verbrannt hatte – ohne jemand anderen zu verletzen.

Viele der Accounts, mit denen Rodri­guez wohl in Kontakt stand, äußerten mehr als nur klammheimlich Freude über die Morde. Einen ganz besonderen Dreh in der Täter-Opfer-Umkehr fand Anfang der Woche der jüdische und linke US-amerikanische Journalist Max Blumenthal: »Die Opferrolle der Zionisten in der vergangenen Woche wäre möglicherweise etwas überzeugender gewesen, wenn sie nicht die letzten anderthalb Jahre damit verbracht hätten, ununterbrochen Kindermorde zu feiern, über in Kindergesichter explodierende Pager zu feixen, sich stolz über Morde zu freuen, Antisemitismus zu erfinden und zu Massenvernichtungen zu masturbieren.«

Dass der Doppelmord an Milgrim und Lischinsky von linken und rechten Antisemiten bejubelt wurde, hinderte Blumenthal, der unter anderem für die russischen Propagandasender Sputnik und RT tätig ist, nicht daran, eine Art globale antijüdische Front zu herbeizuschreiben: »Ob sie es nun laut aussprechen oder nicht, anständige Menschen auf der ganzen Welt tun sich schwer damit, Mitgefühl für die Mitglieder dieses rassistischen Todeskults aufzubringen.«

Rodriguez Pamphlet teilte die antiimperialistische US-Gruppe Unity of Fields, die mehr oder minder unverhohlen Gewalt gegen Organisationen und Personen befürwortet, die ihrer Meinung nach Israel oder den Zionismus unterstützen. Im Februar hatte sie auf ihrem X-Account einen Zeitungsartikel vom 13. Juni 1988 gepostet, in dem die sozialistisch-republikanische paramilitärische Irish National Liberation Army die Verantwortung dafür übernahm, ein Bombe im nordirischen Ward Park gelegt zu haben. »In Solidarität mit dem Freiheitskampf der Palästinenser« sowie in Übereinstimmung mit der Politik »unserer Verbündeten, der PLO«, habe man den dort geplanten Turnierauftritt einer israelischen Bowling-Mannschaft verhindern wollen. Unity of Fields versah den Post mit der Aufforderung: »Erweitert euren Horizont dahingehend, wie ›Palästina-Solidarität‹ aussieht. Solidarität ist reale Aktion.«

Gegründet wurde Unity of Fields als US-Zweig des britischen Netzwerks Palestine Action, maßgeblich unterstützt von James Cox Chambers Jr., bekannt als Fergie Chambers, einem Erben der milliardenschweren Familie Cox, der in der Vergangenheit durch Hass auf Juden und Putin-Verherrlichung aufgefallen war. Vanity Fair zufolge zahlte seine als israelfreundlich geltende Familie ihm schließlich unter der Bedingung, dass er nie wieder für das Firmenkonglomerat Cox Enterprises tätig wird, mehrere Hundert Millionen US-Dollar. Gleichwohl ist Chambers’ Gruppe nicht eben erfolgreich, die Veröffentlichung des Manifests von Rodriguez brachte es lediglich auf rund 236 Likes, etwas später publizierte Sticker mit seinem Konterfei und Slogans wie »Für Gaza von Elias« und »Mut ist ansteckend« wurden immerhin 491 Mal gelikt.