Jungle+ Artikel 29.05.2025
Ein Gespräch mit dem ehemaligen Christdemokraten Andreas Püttmann über den Konservatismus in der Union

»Der toxische Konservatismus war nie ganz weg«

Dass die Union immer weiter nach rechts rückt, wird derzeit vor allem aus den Reihen der christlichen Parteimitglieder kritisiert. Die »Jungle World« sprach mit dem Merz-Kritiker und früheren CDU-Mitglied Andreas Püttmann über die Machtverschiebung zwischen Christdemokraten und Konservativen in der Partei.

»Die AfD halbieren« – mit diesem Ziel ist Friedrich Merz angetreten. Mittlerweile liegt die AfD in Umfragen beinahe gleichauf mit den 
Unionsparteien. Weshalb gelingt es Merz und der Union nicht, die AfD ein­zudämmen?

Was ich der Union vorwerfe, ist, dass sie den Artikel 21 des Grundgesetzes zu wenig berücksichtigt: Die Parteien wirken an der Willensbildung des Volkes mit. Zu viele in der Union tun aber so, als müsse man nur Stimmungen und Emotionen in der Bevölkerung abschöpfen, in einer Art Marktmodell nach dem Motto: Die Nachfrage bestimmt das Angebot auch in der Politik. Wenn die Leute also plumpe Parolen anfordern, etwa in der Migrationspolitik, dann muss man sie eben bedienen. Dar­in sehe ich nicht die Hauptaufgabe von politischen Parteien. Politiker müssen in der Bevölkerung auch dafür werben, Komplexität und Widersprüchlichkeit zu beachten.

Die Zustimmung zur AfD hat außerdem mehr mit den Wählern selbst zu tun, als dass sie eine rationale Reaktion auf eine falsche Politik wäre. In CDU und CSU wird zu wenig berücksichtigt, dass man diesen plumpen und wohlfeilen Stimmungen in der Bevölkerung entgegentreten muss. Themenfokus und Parolen der AfD zu adaptieren und in abgemilderter Form selbst zu propagieren – damit stärkt man das Original.

»Was ich Merz vorwerfe, ist, dass er systematisch Leute nach oben gebracht hat, die vom rechten Parteiflügel kommen.«

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