Jungle+ Artikel 29.05.2025
Howard Zinns »Eine Geschichte des amerikanischen Volkes« frönt einem schematischen Dualismus

Manichäisches Märchen

Howard Zinns Klassiker »Eine Geschichte des amerikanischen Volkes« erschien 1980 in den USA – eine deutsche Übersetzung kam 2006 heraus, nun folgt eine Neuauflage. Das Buch, das die Geschichte der USA explizit aus der Sicht der Unterdrückten erzählen will, unterdrückt dabei selbst Geschichte – und gibt sich einem schematischen Dualismus von Gut und Böse hin.

»Willst du ein richtiges Geschichtsbuch lesen?« blafft der von Matt Damon gespielte Protagonist in »Good Will Hunting« seinen Therapeuten herausfordernd an, als sich die beiden zum ersten Mal treffen. Will Hunting hadert mit der guten Gesellschaft, ihren Institutionen und ihrer Bildung, als deren Vertreter er Sean Maguire (Robin Williams) begreift. Zwar löst Hunting spielend einfach die kompliziertesten Probleme der Mathematik, aber im elitären Massachusetts Institute of Technology wischt er trotzdem nur die Flure. Weil seine soziale Herkunft verstellt, was anderen offensteht, ist er uneins mit sich, uneins mit seiner Umgebung, den USA und ihrem American Dream (man könnte an anderer Stelle darüber nachdenken, warum sich der Film die Aufstiegsgeschichte Will Huntings nur als Variation des Genie- und Wunderkindmotivs vorstellen kann). 

Die »Die Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika«, die im Regal des Therapeuten steht, gilt ihm darum nur als die scheinheilige Erzählung einer Welt, zu der er nie gehören wird. Insofern ist sein anschließender Ratschlag an die Adresse des Therapeuten weniger eine Leseempfehlung als vielmehr ein Bekenntnis zu jenem Teil Amerikas, von dem Harvard und das MIT nichts wissen wollen: »Wenn Sie mal ’n richtiges Geschichtsbuch lesen wollen, lesen Sie ›A People’s History of the United States‹ von Howard Zinn, das haut Ihnen den Arsch weg.«

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