12.06.2025
Der Berliner Lehrer Oziel Inácio-Stech wird von muslimischen Schülern homophob gemobbt

Alleingelassen

Das Versagen der Berliner Schulen und des Senats, dem sich ausbreitenden religiösen Fundamentalismus entgegenzutreten, ist eklatant. Das zeigt jüngst der Fall des Lehrers Oziel Inácio-Stech, der an einer Grundschule im Berliner Ortsteil Moabit arbeitete und dort von muslimischen Schülern aus Homosexuellenfeindlichkeit gemobbt wurde.

Die Zustände an Berliner Schulen – chronische Unterfinanzierung, überforderte Lehrkräfte, Gewalt durch Schüler – sind ein mediales Dauerthema, über das selten ohne reißerischen Ton berichtet wird. Zugleich ist das Versagen der Schulen und des Senats, dem sich ausbreitenden religiösen Fundamentalismus entgegenzutreten, eklatant. Das zeigt jüngst der Fall des 43jährigen Lehrers Oziel Inácio-Stech, der an einer Grundschule im Berliner Ortsteil Moabit arbeitete und dort wegen seiner Homosexualität von muslimischen Schülern gemobbt wurde.

»Du Schwuler, geh weg von hier. Der Islam ist hier der Chef«

Bekannt wurde der Fall, weil Inácio-Stech vor etwa drei Wochen damit an die Öffentlichkeit ging. In der Süddeutschen Zeitung berichtete er von einer Vielzahl von Vorfällen. Im Unterricht sei er von einem Schüler als »Schande für den Islam« beschimpft worden, von ihm zubereitete Unterrichts­snacks seien nicht angefasst worden, weil er »unrein« sei.

Ein anderes Mal habe ihn ein Fünftklässler angeschrien: »Du Schwuler, geh weg von hier. Der Islam ist hier der Chef.« An der Carl-Bolle-Grundschule haben 95 Prozent der Schüler einen Migrationshintergrund. Viele stammen aus sozial benachteiligten und streng religiösen Elternhäusern.

Der Schulleitung, der zuständigen Schulaufsicht und der Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) warf Inácio-Stech vor, trotz aller von ihm gemeldeten Vorfälle untätig geblieben zu sein.

Der Schulleitung, der zuständigen Schulaufsicht und der Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) warf Inácio-Stech vor, trotz aller von ihm gemeldeten Vorfälle untätig geblieben zu sein. Diese Vorwürfe wiederholte er vergangene Woche im Interview mit dem Tagesspiegel. Günther-Wünsch wies den Vorwurf zurück, es habe ein »Systemversagen« gegeben. Sie beschuldigte die Berliner Grünen, den »komplexen Fall« »populistisch auszunutzen«, weil die sich mit dem Lehrer solidarisiert und gefordert hatten, eine unabhängige Beschwerdestelle einzurichten.

Einer, der das populistische Potential auf jeden Fall sofort erkannte, war Thilo Sarrazin, der voll des Lobes für den »mutigen« schwulen Lehrer war und in der Welt von dem Problem der Integration »kulturell fremder Elemente« zu berichten wusste.

2013 hatte Sarrazin im Interview mit dem rechtsextremen Magazin Compact die gleichgeschlechtliche Ehe noch für unmöglich erklärt: »Das ist ungefähr so, als würde man ein Faultier als Löwe bezeichnen.«